Verena Lüthi, 30.12.2020
Liebe Mara, mit
deiner Geschichte hast Du sehr gut und authentisch die erste Welle beschrieben.
Wie geht es Dir heute?
Es geht mir und
meiner Familie gut, wofür ich sehr dankbar bin. Ich hoffe, dass Du, Ihr und wir
alle gut über diesen Winter kommen.
Kannst
Du etwas über Dich erzählen, etwas davon erfährt man ja bereits in deinem
Beitrag?
Ich bin in der Ostschweiz
aufgewachsen. Als junge Frau bin ich nach Chile ausgewandert und habe dort als
Botanikerin gearbeitet – eine reiche und beglückende, aber auch schwierige
Zeit. Bei meiner Rückkehr in die Schweiz war es dann nicht ganz einfach, hier
wieder Fuss zu fassen. Doch ich hatte Glück und wurde von der
Universitätsbibliothek Basel für ein längeres Projekt angestellt. Später kam
ich nach Solothurn, bin nun seit fast 12 Jahren wissenschaftliche Mitarbeiterin
der hiesigen Zentralbibliothek. In Teilzeit, was mir Raum lässt für die Musik,
das Zeichnen und das Schreiben.
Was
bedeutet Dir das Schreiben?
Nach meiner Rückkehr in die Schweiz
begann ich, Kurzprosatexte zu schreiben, um mir die deutsche Sprache
zurückzuholen, die mir in den vielen Jahren in Chile abhandengekommen war. Das
Beobachten und Beschreiben von alltäglichen Begegnungen und Erlebnissen half
mir, in der Schweiz wieder anzukommen. Sie war mir sehr fremd geworden. Und ich
wurde zuerst auch von manchen Menschen wie eine Fremde behandelt. Sie redeten
in Infinitiven mit mir. Das war ziemlich schräg.
Das
kann ich mir sehr gut vorstellen, das war sicher nicht einfach für Dich! Was
schreibst Du am liebsten? Kurzgeschichten, Romane etc.? Auch Gedichte?
Bis vor Kurzem
habe ich ausschliesslich Kurzprosatexte verfasst. Seit einigen Monaten schreibe
ich über das Leben einer Solothurner Malerin und Kunstpädagogin, und das
Manuskript nimmt jetzt langsam Romanlänge an. Und auch die Form eines Romans.
Das ist ja spannend, und Gedichte?
Gedichte
schreibe ich nicht, lese aber gerne Lyrik. Zum Beispiel von Romie Lie, Gabriele
Markus und Jaël Lohri.
Schreibst
Du schon lange? Hast Du es in deinem Leben regelmässig integriert? Wie oft
schreibst Du?
Früher habe ich vor allem
wissenschaftliche Texte geschrieben. Als Botanikerin muss frau ganz genau
hinschauen und genau das beschreiben, was sie sieht. Mir scheint, in diesem
genauen Hinschauen, in der Sorgfalt der Wortwahl, da ist so etwas wie
Zärtlichkeit. Und so sind mir auch heute noch das genaue Beobachten und eine
präzise Sprache sehr wichtig. Fixe Schreibzeiten habe ich nicht, doch ich werde
unruhig und unzufrieden, wenn ich zwei, drei Tage nicht dazu komme. Dann setze
ich mich wieder an den Schreibtisch.
Was
inspiriert dich? Wo findest Du deine Ideen?
Alltagserlebnisse, Träume,
Tagträume. Manchmal auch ein einzelnes Wort, das mir nicht aus dem Sinn geht.
Oder im Fall der Solothurner Malerin, deren (Roman)-Biografie ich schreibe, die
Aquarelle und Skizzen, Briefe und Notizen aus ihrem Nachlass.
Hast
Du Schreib-Pläne und wie sehen die aus? An was bist Du aktuell dran?
Im Frühling 2021 soll in einem
Schweizer Verlag ein Band mit ausgewählten Kurzprosatexten und Zeichnungen von
mir erscheinen. Dafür bin ich sehr intensiv am Überarbeiten, zusammen mit der
Lektorin, welche meine Texte genau anschaut, wofür ich ihr dankbar bin. Ich
lerne sehr viel dabei. Und dann möchte ich in den nächsten Monaten die
Erstfassung der Romanbiografie fertig schreiben.
Liebe Mara, herzlichen Dank für das Interview und weiterhin viel Schreibfreude und Erfolg.
Das Interview führte Verena Lüthi, Redaktion, Online-Magazin