Alles andere als zimperlich

Dora Kostyàl, 08.07.2021

Dora Kostyàl
Dora Kostyàl

Streit. Stunk. Hader. Zank.

Schon diese Wörter! Sie lassen die Alarmglocken läuten und die meisten von uns innerlich erstarren, da sie ja Aggression und Kampf suggerieren.

Das scheint tief zu sitzen, obwohl uns auch die sog. „Streitkultur“ mit ihren ergänzenden, bereichenden Aspekten bekannt ist. Oder als gegensätzlicher Meinungsaustausch.

Nehmen wir mal die Kinder: Wer schon auf einem Spielplatz oder in Kinderzimmern dem Geschehen zugeschaut hat, weiss: dort geht es alles andere als zimperlich zu. Es herrscht meistens pure, rohe Gewalt. Sand in die Augen werfen, Kübel über den Kopf leeren, zerren, reissen, kratzen, beissen und hauen. Mit der Beute wegrennen oder sie im Notfall - im Bedrängnis - vernichten. (Bis sich die Mütter einmischen, was die Sache auch nicht besser macht.)

Die Auslöser? Das Übliche; Interessenkonflikte, Machtkampf, Besitzansprüche, Kraftdemonstration. Sieg: im darwinistischen Sinne (ohne Eingreifen der Mütter).

Schon im Kindergarten wird versucht, den kleinen Wilden eine etwas kultiviertere Form des Streitens anzutrainieren. In der Schule mühen sich damit laufend die Lehrpersonen genannten Dompteure ab. Mit mehr oder weniger Erfolg, sonst würden ja nicht ganze Institutionen, Gerichte, Schlichtungsstellen, Mediatoren und Scharen von Anwälten von diesen Streitigkeiten leben bzw. von der Unfähigkeit der Menschen, miteinander in Konfliktsituationen weniger feindselig umzugehen.

Der Fressfeind. Der Nachbar als Nebenbuhler. Als ungehobelter und schwerhöriger Rohling mit dröhnenden Boxen und stinkendem Grill.

Im Kern vielleicht doch noch Urmenschen mit der Keule auf den Schultern unterwegs? Die dann - da in unserer Kultur Gewalt verpönt ist – inzwischen, unsichtbar geworden, auf verbaler Ebene geschwungen wird. Wohin denn sonst mit der verletzten Ehre, mit der Emotionalität?

Die Klassiker: Besitz (Eifersucht, Erbfragen), ideelle Werte, Politik, Erziehung, Ängste (loszulassen oder zu verlieren), Rechte, Macht. Erweitert: Bodenschätze und Länder, Revier- und Territoriumsfragen, ökonomische Interessen oder Finanzrecht.

Wann lohnt sich das Streiten und wann nicht?

Wir können auf eine lange Geschichte (sehr unterschiedliche Früchte tragender) Streittradition zurückschauen, von der Antike bis zur heutigen Battle-Rap- oder Hip-Hop Kultur. Mit Themen über Rang und Wert, Vorzüge und Schwächen oder Entscheidungen über eine Frage. Als Wechselrede.

Anders sieht die Sache aus, wenn die Parteien einander im Ungleichgewicht gegenüber stehen, wie z.B. wegen charakterbedingter Dominanz. Oder wenn jemand als Schreihals auftritt, also fehlende Argumente durch Lautstärke zu kompensieren versucht und/oder kein Ohr für die Äusserungen des anderen hat. Oder solche, die durch die Schwächen des anderen das Gegenüber von innen aushöhlen, indem sie einmal Anvertrautes gegen ihn wenden.

Wenn es um Konflikte geht, die sich nicht lösen lassen, weil sie eine Folge des Charakters sind – da glaubt ja jeder, er sei im Recht.

Und: Niemals sollte man mit Betrunkenen streiten!

Übrigens: Sich in vornehmes Schweigen hüllen, also die Klappe halten, kann auch zur Weissglut reizen und provozieren. Auch wenn keine Absicht dahinter war.

Sonst ja, gerne. Als Blickerweiterung, als geistiges Tournier, als Spiel.

Aber Achtung! Wenn möglich ohne die Killerwörter „immer“, „nichts“, „alles“ und „nie“ zu verwenden und ohne dem anderen jede ungefilterte Emotion zuzumuten und dadurch ihn niederzukeulen.

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