Bin ich campertauglich?

Gaby Kratzer, 03.05.2021

Gaby Kratzer
Gaby Kratzer

Wohnwagen an Wohnwagen reihen sich an den vorgesehenen Plätzen auf. Ein buntes Bild, fast. Eierschalenfarben, grau, weiss, etwas hellblau mit rosa zieren die sonst unauffälligen Vehikel. Wohnwagen als Anhänger oder zum selbst fahren, als Wohnmobil. Mit Küche, Dusche, Toilette, mindestens drei bis sechs Schlafplätzen, im Dach oder umgebaut in der Sitzlaunch. Kochen mit Gas drinnen wie draussen. Es wird grilliert was das Zeug hält. Aber nicht immer, man will den Komfort von Zuhause nicht missen. Risotto, Spaghetti, Fajitas oder was man sonst gerne auf dem Teller hat. Die Düfte asiatischer Wok Pfanne und diverser Grilladen ziehen um die Wagen und laden vermeintlich Gäste ein. 

Gierige Blicke auf die leckeren Speisen spürt man nicht nur im Nacken. Nur widerwillig würde man etwas abgegeben, weil der Hunger so gross ist, dass man einen ganzen Elefanten allein essen könnte. Was frische Luft nicht alles bewirken kann.

Alice, Theodora, Laura und Eriba heissen nicht die Nachbarinnen, sondern die Häuser auf Rädern. Ich bin fasziniert von den gleichen und doch so unterschiedlichen Anhängern. Jede Partie übertrifft sich selbst. Grösser, aufwändiger, spezieller. Vorzelte mit noch mehr Inhalt als im Wohnwagen selbst. 4er Kochplatten, Campingstühle DeLuxe (daheim sind die vom Discounter), Tisch zum Ausziehen, falls Gäste kommen. Trinkgläser, Weingläser, Apéroschälchen (auch gut für Müesli am Morgen). Kaffeebecher aus Melamin, weil das Sujet so schön war. Salatschüssel mit Besteck, Pastaschüssel, auch geeignet für die Chips zum Apéro. Spielsachen für die Kids, Spiele für die Erwachsenen. Ein bis zwei Bücher, die durch all die Ablenkung nur erschwert gelesen werden können. Also eigentlich alles wie daheim, nur mit extrem viel mehr frischer Luft mit erschwerten Verhältnissen.

Wie zu Hause…. und halt doch nicht. Wenn ich nun beginne von den Grills zu schwärmen, verkommt mein Text zum Verkaufsgespräch. „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern nichts mehr weglassen kann“ (Antoine de Saint-Exupéry).

Geschmückt werden die Wagen mit Girlanden in allen Farben, Fähnchen mit noch mehr Couleur. Auch die lieben Vierbeiner dürfen nicht fehlen. Hunde an der Leine, mehr oder weniger gut erzogen, nicht jeden anzubellen oder anzuspringen. Manch einer hat einen Zaun um «sein Grundstück» gezogen, damit der Shetland Sheepdog, Bolonka, Mops oder Labrador nicht im Gelände herumturnt. Waren es früher Luftmatratzen die mitgenommen und aufgeblasen wurden, hat heute fast jeder mindestens ein Stand Up Paddle oder ein SlingShot Windsurf Teil dabei. Gilt als modern und Hip. Trotzdem sind das einfache Fischernetz und altbekannte Federball noch immer ein Garant für den Zeitvertreib.

Die Urban Camper, unterwegs mit einem minimal ausgebauten «Büssli». Zwei bis vier eher engen Schlafplätzen, ein tägliches hin und her mit der Schlaf- und Sitzgelegenheit. Bei schönem Wetter alles kein Problem. Himmel sei Dank, wenn es nicht regnet. Man sollte sich sicher liebhaben, wenn man so eng die Tage verbringen will. Ich sage nur Lagerkoller (was auch unter Nachbarn passieren kann). Dafür sind die kleinen Vehikel oft bunter. Die Grundfarbe in Orange, Blau, Grün und vielen farbigen Aufklebern. Hawaii-Style, Surfing USA, Blumen und andere Summerfeeling Aufkleber. Ein Bus gespickt mit bunten Pril-Blumen brachten mich zurück in die 70iger Jahre.

2020 erschuf massenhaft Neu-Camper. Umständehalber. Nicht ganz freiwillig. Der Unterschied ist nicht nur sicht-, sondern auch hörbar. Profi-Camper spüren die Diskrepanz. Die Neuen sind einfach anders. Ich als Mitcamperin versuche mich möglichst den Gepflogenheiten anzupassen. Eigentlich gar nicht so schwer. Tatsächlich bin ich campertauglich. Die meiste Zeit draussen zu verbringen ist extrem erfrischend und wohltuend. In den Nächten, welche für mich noch sehr kalt sind (April), wird die bewährte Zwiebeltaktik wieder sehr bedeutsam. Entgegen meiner Gewohnheit, statt täglich nur jeden zweiten Tag zu duschen macht mir ebenso nichts aus. Hauptsache die Zähne sind geputzt. Hier auf dem Campingplatz muss man nur mit offenen Augen umhergehen und das Geschichtenbuch ist prall gefüllt.

Welcome to the Hotel California
Such a lovely place
Such a lovely face
Plenty of room at the Hotel California
Any time of year
You can find it here

Eagles 1976

Wir sind mit unserem Hotel California unterwegs. Klein, eng, süss. Es hat sogar einen Namen: Nelly. Sie bringt uns an jeden Platz, den wir wollen. Meine neue Familie und Nelly haben mir gezeigt, wie urgemütlich campen sein kann. Danke. Love you.

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