Maya Onken, 26.03.2021
Unbeständig wechselt das Wetter. Das ist nicht das Einzige, was sich dauernd verändert. Die Skalen in uns Menschen haben ständig neue Werte. Es gibt z.B. die Skala 0 bis 10. Wobei die Null ganz wenig bis nichts bedeutet und die Zahl zehn das Maximum und Optimum betrifft.
Je nach Fragestellung steht der gleiche Mensch auf einer anderen Nummer.
Beantworten
Sie diese Fragen mit einer Nummer:
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Wie ausgehungert bist du nach deinem Leben vor Corona?
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Wie viel Freiheit erlaubst du dir aktuell?
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Wieviel Lust hast du auf noch mehr Veränderungen?
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Wieviel Zeit verbringst du aktuell mit deinem
Lieblingshobby?
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Wie mutig triffst du zur Zeit Entscheidungen?
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Wie gut hast du dich mit dem Rückzug aus dem
Gesellschaftsleben abgefunden?
Wie
sehen die Zahlen bei Ihnen aus?
So wie der April wechselt in uns das Wetter. Von Sonnenschein zu tief verschneit, von angenehmen Lüftchen zu eisigen Brisen, von freundlicher Temperatur zu frostigen Sturmböen.
Mit einem Unterschied! Das Wetter können wir nicht bestimmen, da haben wir nichts zu melden. Bei der eigenen Skala ist jede und jeder selbst sein eigener Boss. Ich als Chefin kann entscheiden, welchen Aspekt ich anschauen will. Ratsam sind also Fragestellungen, die einem stärken und weiterbringen!
In meinem ganz persönlichen Fall: Obwohl ich gerade mein Lieblingshobby „Tanzen“ nicht ausüben kann und meine Freunde zu wenig sehe, habe ich mutige Entscheidungen getroffen, die sich spannend auf meine Zukunft auswirken werden. Ich bin frei zu handeln, zu denken und zu sprechen, das geniesse ich mit jeder Faser. Das ist eine ganz andere Aussage, als wenn ich mich auf meine tiefen Zahlen fokussiert hätte. Dann würde es heissen: „Ich leide sehr darunter, dass ich mein Hobby und meine Freunde zu wenig sehe, und ich möchte einfach mein altes Leben zurück.“ Ich habe mich überhaupt nicht mit dem Rückzug abgefunden, sondern bin in Warteposition.
Meine Lieblingsfrage bricht Killerphrasen und undifferenziertes Gedankengut auf.
Und deshalb finde ich auch den Ansatz von Dr. Craig Malkin spannend. In seinem Buch: „Der Narzisstentest“ beschreibt er spannend, dass der Gedanke „Ich bin etwas Besonderes“ der Grundstein für einen Narzissten legt.
Dieser Gedanke ist eigentlich ein wunderbarer Mutmacher, denn er bestärkt uns im Glauben, dass wir die anstehende Hürde schaffen werden, weil wir eben etwas Besonderes sind. So haben Personen nach einer Naturkatastrophe, welche so denken, sich schneller erholt als andere, die von sich selbst nichts halten.
Diese Personen nennt er Echoisten (abgeleitet von der Nymphe Echo in dem Mythos von Narziss, welche nur noch Sätze repetieren kann, welche sie hört). Ganz ausgeprägte Echoisten (Stufe 0) haben ebenso viele Probleme wie ausgeprägte Narzissten (Stufe 10). Mittelmassnarzissten auf der Skalastufe 5 und 6 haben einen gesunden Narzissmus, haben zwar den Gedanken an das Besondere, gleichzeitig sind sie auch offen für Rückmeldungen und Kritik, sie empfinden Reue und nehmen sich selbst unter die Lupe. Je höher die Skala gegen 10 hinauffährt, desto mehr fallen diese regulierenden Zusätze ab. Stattdessen kommt immer mehr der Anspruch an eine Sonderbehandlung, Sonderstellung, Sonderentlöhnung. Dr. Craig Malkin nennt das die „Anspruchseskalation“.
Um das Erkennen eines schwierigen, eher gefährlichen Narzissmus zu erschweren, gibt es auch verdeckte Persönlichkeiten, die vorne herum ganz normal tun, innendrin ist ihre Überzeugung, mehr und besser und anders zu sein, am Brodeln und eskaliert dann in total unrealistische Ansprüche.
Und auch hier wechselt der April sein Wetter. Denn je nach Situation variieren wir Menschen auf dieser Skala herum. Nach einer Kündigung, die wir uns nicht erklären können, könnten wir Richtung Echo wandern, nach einer Reihe von Erfolgen klettern wir vielleicht etwas in die Höhe.
Wir sollten uns den April merken. Als Sinnbild für all die Versuche, Menschen zu typologisieren und einzuordnen. „Der ist total extravertiert“, heisst es da im Volksmund der Hobby-Psychologen. „Die ist eine Rote“, kommt es dann von Führungskräften nach einem Seminar über Insight-Modelle.
Es lebe die Vielfalt, die Veränderung und die Wechselmöglichkeiten. Es lebe der April.
Wir erkenne ich mich in diesem Text wieder. Auch ich versuche die Sichtweise auf das positive zu lenkenen, denn ich bin überzeugt, dass alles seinen Sinn in sich hat, auch wenn dieser uns erstmals oft verborgen bleibt. Und das Wetter, ja das Wetter. Es ist, wie es ist und kann von mir nicht beeinflusst werden. Jede Wetterlage hat seinen Zweck und was nützt es mir, über das schlechte Wetter ständig zu nörgeln anstatt es einfach hinzunehmen und das schöne darin zu erkennen. Für mich hat jedes Wetter seinen ganz besonderen Reiz. Leider finde ich fast keine Gleichgesinnten, sondern befinde mich als Minderheit in einem Meer aus Wetternörgerln... Doch da mir meine Mutter schon immer sagte, dass sie bei meinem ersten Schrei wusste, dass ich etwas ganz Besonderes sei, ist mir auch sonnenklar, wieso ich auch bei Regenwetter oder an Nebeltagen nicht missmutig rumjammere sondern gelassen bleibe und die Schönheit in jedem Wetter erkennen kann. Denn etwas Besonderes (laut meiner Mutter bin ich das ja) kann nicht in der Masse mitschwingen! Insofern ein Hoch auf den April, genau. Ein Hoch auf alle Wetterlagen und ein Hoch auf alle Individuen. Ein Hoch auf die Vielfalt und ein Hoch auf all die "besonderen"Persönlichkeiten, genau...
Endlich ein Text, der nicht schubladisierend und wertend ist, gegenüber Narzissten, bzw möglichen Narzissten.
So oft werden Diagnosen gestellt, besonders dieses Krankheitsbild, von Menschen, die eigentlich ein Laienwissen über dieses Thema haben und wenn es nach ihnen gehn würde, hätten wir wohl alle narzisstische Partner.
Auch das Verurteilen von anderen Menschen passiert so schnell, so dass auch ich, wieder mehr darauf Achtsam sein möchte.
Meine Töchter sind im April geboren, genauso wie das Wetter sind sie oft stabil und sonnig was immer wieder von starkem Sturm untereinander und eisiger Kälte abgelöst wird😊🌻