Christine Weiner

Christine Weiner, 24.04.2022

Christine Weiner
Christine Weiner

Grand Glamour

Es ist an die 30 Jahre her, dass ich Julia das erste Mal interviewte. Damals war ich eine – zwar nicht mehr vom Alter her ganz junge – aber beruflich frische Journalistin und freute mich riesig darauf, die bekannte Autorin Julia Onken im Studio des Hessischen Rundfunks, in Frankfurt, zu interviewen. Das Interview können Sie unten anhören.

Das Buch „Feuerzeichenfrau“ war mir noch aus meiner Zeit im Frauenbuchladen Mannheim sehr bekannt. In der „Xanthippe“ hatte ich als Studentin ausgeholfen. Eine gute Zeit war das gewesen, kam ich doch mit vielen wichtigen Büchern, Autorinnen und feministischen Ideen in Kontakt. Die Wechseljahre, Thema des Buches erschienen mir noch Jahrhunderte weit entfernt, aber es war mir natürlich nicht entgangen, dass das Buch wie geschnittenes Brot über den Verkaufstresen ging.

Als spätere Journalistin war mir natürlich brennend klar: Julia Onken, die möchte ich interviewen. Ihre Ideen zum Frau sein und zur Weiterentwicklung von Frauen, das war ganz Meins. Das erste Interview muss dann Anfang der 90er Jahre gewesen sein (für den damaligen SWF). Ein zweites – das hier zu hören ist – erfolgte Ende der 90er Jahre (für den jetzt entstandenen SWR). Das exakte Datum kann ich das gar nicht mehr sagen.

Das erste Treffen mit Julia hatte aber neben dem Interview auch für mich persönlich eine wichtige Sequenz. Diese erfolgte nicht direkt im Gespräch, sondern eigentlich, als das Interview schon aufgezeichnet war und wir zusammen auf das Taxi warteten, das Julia sich bestellt hatte, um wieder zum Flughafen oder Bahnhof zu kommen. Während wir so standen, plauderten über dies und das, über angenehme und unangenehme Reisebedingungen und dann sagte Julia den Satz, der in meinem Leben eine neue Weiche stellte: „Ich fahre nur noch 1. Klasse. Wenn man auf sich achtet, dann ist das Beste gut genug. Alles andere mache ich nicht mehr mit.“

Ich, die Tochter von Eltern die eine Flüchtlingsvergangenheit hatten, war bis dahin noch nie 1. Klasse gereist und ich kannte auch niemanden in meiner Familie, der sich das je getraut hätte. Luxus, war sehr weit weg von dem, das mir meine Eltern mitgegeben hatten. Die Art wie Julia – nicht mal auf Luxus, sondern eher für sich auf sehr gute Bedingungen bestand, bewegten etwas in mir. 

Ihr Statement, war nicht nur eine Erlaubnis, sondern hörte sich fast wie eine Verpflichtung an, auch mehr auf mich zu achten und für mich selbst, wenn möglich, das Beste zu wählen. Also fing ich an, nicht mehr an mir zu knausern und zu sparen, sondern mir das zu gönnen und zu leisten, was mir für mich als angemessen erschien. 

Ich buchte ab jetzt keine Bretterklasse mehr und ich wählte im Hotel eine Bettgröße, die über das evangelische Breitenmaß von 90 cm ging. Wenn ich innerlich zuckte, weil der Preis mir dann doch etwas zu überzogen oder teuer erschien, dann dachte ich an Julia. Es ist mir nicht immer leicht gefallen, ihre Statement umzusetzen. Aber ich wusste, auch als spätere Trainerin und Coach, es ist nicht nur wichtig sich zu achten und zu ehren, sondern auch andere Frauen dazu zu motivieren. Ich tue dies heute in meinen Büchern und Seminaren, die Übung, die ich damals machte, füge ich Ihnen bei.

Es ist schön auf sich zu achten. Ich tue dies bewusst seit diesem Moment an der Pforte und ich sorgte dafür, dass meine Mutter in ihren späten Jahren immer 1. Klasse fuhr.

Für sich zu sorgen tut gut und gibt einem Glanz. Und wenn man dann ein gewisses Alter erreicht hat, dann zeigt sich diese Selbstachtung in dem, was ich Grand Glamour nenne.

Liebe Julia, du hast ihn, diesen Grand Glamour. Dieses Wissen um Selbstrespekt, Selbstachtung, Selbstfürsorge und in der Freude Sich Selbst zu sein. Wir Menschen sind in unserem Leben das Wichtigste, das wir haben. Wir begleiten uns selbst vom ersten bis zum letzten Atemzug. Ich freue mich liebe Julia, dass ich einen Teil deines Lebensweges mitgehen durfte. Ich profitiere noch immer von dir und gleichzeitig ist es für mich so vergnüglich und amüsant mit dir zu plaudern, zu lachen und zu kichern, als ob wir Mädchen auf dem Pausenhof wären. Was wir beide auch sind. Tief in unseren Herzen. Ich rufe dir also ein fettes Danke zu und sende dir Wünsche – natürlich 1. Klasse!

Christine Weiner


Die Luxus-Übung

Luxus gab es bei uns nicht. Keinen kleinen und keinen großen. Wenn etwas gekauft wurde, dann im Kaufhof, wo meine Eltern als Mitarbeiter Prozente bekamen. So träumte ich als Kind heftig von einem Paar Schuhe, aus dem Salamander Geschäft nebenan. Salamander-Schuhe gab es beim Kaufhof nicht und außerdem: Erst kam der Nutzen und dann die schönen Wünsche. Als ich selbst erwachsen war, merkte ich, dass ich mit eigenem Geldbeutel in der Hand noch immer nach dem Muster meiner Eltern lebte.

  • Gute Ware, aber günstig.
  • Auftragen und ausbessern, was im Kleiderschrank hängt.
  • Abwarten, bis ein Teil reduziert wird.
  • Vergleichbare B-Ware finden.
  • Erst einmal in den Kaufhof! Herrjemine!

Luxus gehört aber in das Spektrum der guten Lebensführung. Er zeigt sich darin, etwas zu lieben, auch wenn es sein Geld vielleicht nicht wert ist. Etwas zu kaufen, nur weil es einem gefällt. Nicht auf den Preis, sondern auf die Lust zu schauen. Zuzulangen, mitzuspielen, loszulegen und nicht zu fragen: Darf ich? Kann ich? Steht mir das überhaupt zu?

Damit mein Leben luxuriöser wurde, bedurfte es nicht nur einer Entscheidung, sondern regelmäßiger Übung. Ich wählte »Luxus« als mein aktuelles Jahresmotto – jedes Jahr nehme ich mir ein anderes Verhalten oder eine neue Eigenschaft vor, um mich darin zu üben – und so startete ich mein »Luxusjahr«.

Das Luxusjahr

Jeden ersten Mittwoch im Monat bummelte ich durch die Stadt mit der Aufgabe, mir etwas zu kaufen, das wesentlich teurer war als ein ähnliches »Normalprodukt«. Ein gutes Anzeichen war, wenn mein Körper reagierte. Somatische Marker, nennt man das heute. Beim Öffnen des Geldbeutels musste es in meiner Brust ziehen, der Schreck mir in die Glieder fahren. Begleitet von entrüsteten Gedanken »Also nein! Das geht wirklich nicht. Das ist mir zu viel.« – »8 € für eine Schokolade? Sind die verrückt?« – »40 € für Strümpfe?« – »Wie bitte, ein Pfund Kaffee kostet 15 €?« – »Eine Handtasche für 250 €???«

Es gibt viele Möglichkeiten, Luxus zu spüren. Es müssen nicht sündhaft teure Schuhe oder Klunker sein. Wenn Sie mit Luxus ein kleines Problem haben, dann setzt auch schon bei der Schokolade für 8 € Herzrasen ein ...

Und nun der erhöhte Schwierigkeitsgrad: Bei meinem Luxuskauf durfte es sich nicht um heruntergesetzte Ware, um B-Ware, etwas aus einem Outlet und keinesfalls um Kaufhofware handeln. Und da es nun einmal zu meiner Jahresaufgabe gehörte, machte ich mich an diese Erfahrung heran – und siehe da, alsbald wurden meine Einkäufe zu Trophäen. Ich war die Herrin über meinen Geldbeutel geworden! Dieses Luxus-Übungsjahr hatte einen ganz besonderen Glanz und Spaß, der bis heute in mein Leben blitzt. Auch mein Herzensmann fand dieses Jahr genial. Denn nichts hat mehr Anziehung als eine Frau, die sich Luxus gönnt und ausstrahlt, dass Luxus ihr zusteht. Eine kleine Venus. Eine Diva für den Augenblick. Das Zwinkern einer Königin.

Spielen Sie mit Ihrem Geld. Lassen Sie die Münzen laufen. Nicht alles, aber immer mal wieder ein paar. Die kleinen Dinger sollen für Sie tanzen und Ihre Augen zum Leuchten bringen. Luxus strahlt. Ganz egal, wie groß oder klein er ist, Hauptsache er fühlt sich für Sie luxuriös an ...

Na? Lust bekommen? Wann beginnen Sie mit Ihrem Luxusprogramm? Und werden Sie mir mailen, welches Ihre ersten Luxuskäufe waren?



Interview mit Julia Onken von Christine Weiner

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