Damit wir wissen, um was es geht!

Petra Lienhard, 02.10.2019

Petra Lienhard
Petra Lienhard

 Jetzt wird also endlich über die Vulva geredet (und geschrieben). Ehrlich gesagt, war ich ziemlich erstaunt, dass unser Geschlechtsorgan in der Frauenbewegung einen so grossen Platz einnimmt. Aber gut, gehen wir doch mal der Bedeutung des anscheinend so wichtigen Themas nach.

Was bringt es mir als Frau tatsächlich, wenn ich oder auch andere weibliche Wesen ihre Vulva Gott und der Welt öffentlich präsentieren? Sei es in Form eines Porträts mit Ölfarben vom Künstler auf die Leinwand gebannt, freizügig fotografiert, öffentlich gezeigt an einer Demo, Veranstaltung, oder was auch immer! Wenn ich intensiv darüber nachdenke, muss ich zugeben, mir persönlich bringt es absolut nichts. Im Gegenteil, vor meinem geistigen Auge erscheint eine hell leuchtende, Glühbirne mit einem Fragezeichen. Warum muss alles, was mit Liebe und dem dazu gehörenden Sex zu tun hat, öffentlich so breitgetreten werden? Wir Menschen werden täglich mit sexuell geprägten Bildern überhäuft. Ob in harmlosen Liebesfilmen oder Dramen, ja sogar in einem Krimi werden wir nicht verschont von sich auf einem Lager wälzenden Paaren. Wo bleibt da noch Platz für die eigene Fantasie? Ebenso frage ich mich, ist es wichtig zu wissen, wie viele Bennungsarten es für den Penis oder die Vulva gibt? Muss ich die genauen Details einer Vulva aus dem FF zu kennen? NEIN!

Mir liegt viel mehr daran, dass ich meiner Vulva und meinen Schamlippen Sorge trage, wenn ich z.B. öffentliche WCs benutze!

Die Wahrung des Intimbereichs ist für mich ein hohes Gut. Es gibt doch nichts Begehrenswerteres als in einer Liebesbeziehung den Körper des Partners oder der Partnerin zu erkunden. Sich ohne Scham dem Gegenüber zu öffnen, zu geniessen! Wünsche zu erahnen und dabei miteinander zu verschmelzen. Wohl gemerkt, ohne Zuschauer der breiten Masse!

Was sind da im Vergleich die Aufschreie einiger Damen, bei den für mich merkwürdigen und teilweise billig anmutenden Demonstrationen? Nächstens wird es noch Mode, dass in einem Inserat alleinstehende Frauen auf der Suche nach einem Partner oder einer Partnerin schreiben: «Gut durchblutete rosa Vulva sucht…!» In meinen Augen erscheint dies platt und ist einer selbstbewussten Frau unwürdig.

Doch es gibt wie immer zwei Seiten, eine Helle und eine Dunkle. Beim Thema Vulva verhält es sich nicht anders!

Die dunkle Seite wird gerne unter dem Mäntelchen Ritual geschönt: Seit tausenden von Jahren gehört die Beschneidung zur Tradition. 200 Millionen Mädchen und Frauen werden auf Grund von sozialen Normen und Ritualen beschnitten. Die Verstümmelung der weiblichen Genitalien verstösst gegen das Menschenrecht und dennoch können sie nicht verhindert werden. Es geht nicht darum, alle Traditionen zu verteufeln! Aber keine Frau darf mit der Beschneidung ihrer Sexualität zum fraglosen Eigentum des zukünftigen Ehemannes herabgestuft werden! Ihr die Lust am Geschlechtsakt zu nehmen, nur damit sie nicht auf dumme Gedanken kommt und ihm eventuell wegläuft!

Frauen in Ägypten, der Türkei, Äthiopien und grossen Teilen von Afrika leiden ein Leben lang unter diesen Verstümmelungen. Sie haben Schmerzen beim Wasser lösen, beim Geschlechtsverkehr, bei den Geburten ihrer Kinder Wie erbärmlich müssen wir diesen Menschen erscheinen, wenn wir uns für die angebliche Wichtigkeit unserer Vulva derart in Szene setzen!

Auch in unseren Landen gibt es sehr fragwürdige Veränderungen, die an den Geschlechtsorganen vorgenommen werden: z.B. das Verkleinern der Schamlippen, um jungfräulicher, kindlicher auszusehen. Natürlich nicht mit rostigen Messern oder gebrauchten Rasierklingen, sondern steril ausgeführt von «Fachärzten» Hier geschieht das unter dem Mäntelchen von Schönheit oder angeblicher grösserer Attraktivität. Der Unterschied zu den Frauen, die als kleine Mädchen ungefragt beschnitten werden ist, dass bei uns diese geilen Verstümmelungen an erwachsenen Frauen gemacht werden und von diesen gewollt sind.

Damit wir wissen worum was es geht:

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat vier Typen weiblicher Genital Verstümmelung definiert:

Typ I : Teilweise oder vollständige Entfernung der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut (Klitoridektomie)

Typ II: Teilweise oder vollständige Entfernung der Klitoris und der kleinen Schamlippen, mit oder ohne Entfernung der grossen Schamlippen (Exzision)

Typ III : Verengung der Vaginalöffnung und Schaffung eines Verschlusses durch Ausschneiden und Zusammenfügen der kleinen Schamlippen und/oder der grossen Schamlippen, mit oder ohne Entfernung der Klitoris (Infibulation)

Typ IV: Alle anderen schädlichen Eingriffe, die die weiblichen Genitalien verletzen und keinem medizinischen Zweck dienen, z. B.: Einstechen, Durchbohren, Einschneiden, Ausschaben und Aus- brennen oder Verätzen!

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