Der Weg zum Licht

Benita Batliner, 24.07.2019

Benita Batliner
Benita Batliner

Ist in unserer Welt des Konsums das Wort Verzicht nicht ein Schlag ins Gesicht? In der Regel setzen wir es doch gleich mit Mangel und glauben, etwas hergeben zu müssen, ohne dafür einen Ersatz zu erhalten. Es klingt bedrohlich, verzichten zu müssen, denn was bleibt dann übrig? Von unserem Selbstbild und unserem Weltbild? Auf der linearen Strasse des Konsums ist jeder Verzicht ein Schlagloch, das die immer schneller werdende Fahrt gefährdet. Das Dumme ist nur, dass diese Strasse eine Sackgasse ist, an deren Ende die dicke Mauer der Zerstörung steht.

Der erste Verzicht um frei zu werden wäre demzufolge, aus dem linearen Denken auszusteigen und einmal die vielen mäandernden Seitenwege zu erforschen, die noch im Dunkeln unserer Wahrnehmung liegen. Das gäbe uns die Musse zu erkennen, dass Verzicht ein Geschenk sein kann. Für uns selbst, andere Menschen und Tiere und für die Erde.

Verzicht hat meiner Ansicht nach mit Bewusstsein zu tun. Wenn uns bewusst wird, dass etwas was wir tun oder konsumieren uns selbst und anderen schadet und wir selbst, ein anderer Mensch, ein Tier oder unsere Mutter Erde uns wert genug sind, mit Achtsamkeit, Respekt und Liebe behandelt zu werden, ist Verzicht keine Strafe oder Anstrengung mehr, sondern ein Geschenk, welches wir mit Freude hergeben. Dann ist Verzicht kein Schwarzes Loch, das liebgewonnene Gewohnheiten und Genüsse verschluckt, sondern ein Tor zu etwas Neuem. Andere Möglichkeiten zeigen sich, die wir vorher nicht einmal erahnten, Antworten finden uns, weil wir die Ver-Antwort-ung nicht mehr an andere delegieren, sondern sie selbst übernehmen. Das Leben wird spannend, wenn wir mehr und mehr darauf verzichten, uns von der Gebetsmühle der Konsum- und Leistungswelt hypnotisieren zu lassen und stattdessen wieder beginnen, selbst zu denken und hinzusehen. Plötzlich erkennen wir uns nicht mehr als getrennt von der Natur und unseren Mitbewohnern auf diesem Planeten, sondern als Teil eines Netzwerkes in dem alles mit allem verbunden ist. Anstelle der alten Gewohnheiten und der Angst vor Mangel tritt ein neues, weiteres Wahrnehmungsfeld. Das Vertrauen ins Leben wächst und mit dem Gefühl von Leichtigkeit und einem ruhigen Gewissen kehren Dankbarkeit und innerer Friede ein.

Wir müssen ja nicht gleich auf alles verzichten. Vielleicht beginnen wir einfach mit dem, was uns am leichtesten fällt. Aus der Freude der Erkenntnis, dass es ja gar nicht so weh getan hat, wie wir befürchtet hatten, gehen wir den nächsten Schritt schon viel beschwingter. Und mit jedem Verzicht erklimmen wir eine Sprosse auf der Leiter, die uns aus dem tiefen Brunnenschacht der Abhängigkeiten von Konsum und Leistung ins Licht der Freiheit führt, und aus dem Schlag ins Gesicht wird ein zärtliches Streicheln.

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