Eckart Ruschmann

Eckart Ruschmann, 27.04.2022

Eckart Ruschmann
Eckart Ruschmann

Liebe Julia,

die „gefühlten“ Jahre und die gezählten stimmen nicht unbedingt überein – und dennoch (das ist jedenfalls meine Erfahrung) ist es jeweils ein ziemlicher Schritt, den wir im Selbstverständnis gehen, wenn sich die erste Ziffer des Lebensalters verändert. Ab jetzt steht bei dir eine 8 davor, allerdings glaube ich nicht, dass das irgendetwas an dem Schwung ändert, den du in deine Aktivitäten hineingibst – ich denke etwa auch an den persönlichen (virtuellen) Schritt in eine größere Öffentlichkeit, mit deinen Web-Vorträgen und den Themenreihen mit anderen Vortragenden.

Wir kennen uns nun schon ziemlich lange – es ist etwa vier Jahrzehnte her, dass wir uns zuerst begegnet sind. Du hast da an Seminaren zum personzentrierten Ansatz teilgenommen, in dem Zentrum, das ich damals in Emmendingen bei Freiburg geleitet habe, und ich freue mich darüber, dass dieser Zugang bei dir bis heute eine zentrale Rolle einnimmt.

Wir hatten dann lange keinen Kontakt mehr. Einmal habe ich einen Vortrag von dir besucht, vor mehr als 20 Jahren, in Salzburg – gerade hatte ich meinen Lebensmittelpunkt von Freiburg nach Österreich verlegt (aus „Liebe zur Philosophie“, könnte man sagen). Der große Saal war voll gefüllt, mit geschätzt 99% weiblichen Anwesenden, irgendwie habe ich die Kurve nicht gekriegt, dich im Anschluss anzusprechen…

Einige Jahre später war es umgekehrt – plötzlich saß da jemand in einem Philosophischen Café, das ich in Bregenz (ab 2006 mein neuer Lebensmittelpunkt) anbot. Es dauert eine Weile, bis ich gecheckt hatte, dass du das bist. Offensichtlich war ich in meinen österreichischen Stationen (Salzburg – Innsbruck – Bregenz) auch immer näher an Romanshorn herangekommen, wo du inzwischen das Frauenseminar Bodensee aufgebaut hattest.

Dein Interesse für philosophische Themen, Fragen nach Sinn und tieferer Orientierung, hat uns dann neu in Verbindung gebracht und ich habe auf deine Einladung hin eine Zeitlang philosophische Seminare am FSB angeboten, die du zum Teil auch selbst besucht hast. Deine interessierte und „suchende“ Haltung habe ich immer an dir sehr geschätzt, gerade auch wenn es um eine undogmatische, offene Form des Transzendenzbezugs („Spiritualität“) geht.

Dann ergab sich Stück für Stück auch eine Mitarbeit an den Beratungs-Lehrgängen im personzentrierten Ansatz, ich hatte und habe das Privileg, als (derzeitig einziger) männlicher Dozent am FSB mitarbeiten zu können. Danke für dein Vertrauen – mir ist die Arbeit mit den „Ladies“, wie du sie gerne ansprichst, sehr ans Herz gewachsen, da ist viel Engagement und tiefes Interesse an innerem Wachsen und Reifen vorhanden.

Ich bin sicher, du wirst auch in den kommenden Jahren das „FSB-Schiff“ auf Kurs halten, in welcher Form auch immer. Es ist schon ein Privileg, wenn man – wie du – auf ein so langes und erfülltes aktives Leben zurückschauen kann, in einem Beruf, der für dich zur Berufung geworden ist. Wie ich dich kenne, wirst du noch eine ganze Zeit mit Menschen unterwegs sein, das ist sicher mit ein „Rezept“ für deine lebendige Aktivität, die jedem auffällt, der dir begegnet.

Apropos Rezept: Ich denke manchmal an ein Gedicht mit diesem Titel, von Mascha Kaléko, einer Dichterin, die ich durch dich kennengelernt habe. Du hast es einmal zitiert, aus deinem „Schatz“ von Gedichten, die du offensichtlich im Kopf vortragsbereit zur Verfügung hast. Eine Passage aus diesem Text ist vielleicht ein gutes Motto für die nächsten Jahre auf deinem Lebensweg:

Zerreiß deine Pläne. Sei klug

und halte dich an Wunder.

Sie sind lang schon verzeichnet

im großen Plan.

Eckart Ruschmann, Bregenz

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