Julia Onken, 31.01.2020
Eigentlich ist alles schiefgelaufen
So lautet der Titel einer meiner Bücher. Nachdem mich mein Verlag angefragt hatte, ob ich nicht Lust hätte etwas über Glück zu schreiben, sträubte sich alles in mir. Ich wollte nicht. Ich verspürte keinerlei Verlangen, über Glückliche Angelegenheiten zu schreiben. Ich finde es auch ziemlich langweilig, wenn andere über ihr glückliches Leben berichten, von ihrer glücklichen Ehe, den glücklichen Kindern, dem glücklichen Hund und dem glücklichen Auto. Mein Interesse wird aber unverzüglich dann geweckt, wenn es um schwierige Hürden und Aufgaben geht, die es zu überwinden gilt. Schliesslich müssen dann alle möglichen und oft heimlich schlummernden Kräfte und Ressourcen angezapft werden, um die Schwierigkeiten zu überwinden. Und dann landen wir mitten in spannenden Lebenslektionen, ja, geradezu in Lehr- und Lernfestivals.
Fehler sind schliesslich nicht dazu da, um sie zu vermeiden,
sondern um daraus zu lernen. Deshalb denke ich gerne an all die Projekte, die
ich in den Sand gesetzt habe – da kommt in einem langen Leben doch einiges
zusammen. Zudem ist es spannend, sich selbst dabei zuzuschauen, wie wir immer
wieder ins selbe Fettnäpfchen treten, und zwar solange, bis wir begriffen
haben, was zu ändern ist.
Wenn es uns gelingt, erlittene Misserfolge die uns gar Schaden zugefügt hatten, nicht auf der belastenden sondern auf der bereichernden Seite zu verbuchen, dann verfügen wir über ein Erfahrungskapital, das uns bereichert und für die zukünftigen Lebensaufgaben stärkt.