Es wird nicht einfach werden.

Monika Marti, 27.12.2019

Monika Marti
Monika Marti

Vor 7 Monaten habe ich mir einen Traum erfüllt und mein Schreibatelier und Sprechzimmer eröffnet. Die Vorbereitungen auf die Tage der offenen Türe hin liefen auf Hochtouren. Immer wieder hiess es, Wunsch und Machbarkeit miteinander abzugleichen. Was entstanden ist, gefällt. Der Startschuss bleibt mir als gelungen in Erinnerung: Ich wurde von mehr Interessierten besucht als erwartet. Aus dem Informationsanlass gingen 2 Kurse hervor, deren Teilnehmerinnen ich seither hingebungsvoll und begeistert beim Schreiben begleite. Die vergangenen Monate waren geprägt von Experimentierfreudigkeit. Mein Ideenreichtum bescherte mir kreative Anlässe und spontane Begegnungen im Lokal und in der angrenzenden Fussgängerzone. Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit dem, was ich erreicht habe.

Je weniger Tage dem laufenden Jahr verbleiben, desto mehr macht sich jedoch Unruhe in mir breit. Manchmal verspüre ich einen Druck im Brustbereich und ertappe mich dabei, wie ein Film vor meinem inneren Auge abläuft. Was ist gefragt auf dem Markt? Welche Dienstleistung könnte ich meinen Mitmenschen zusätzlich anbieten? Im Laufe meiner Tätigkeit hat sich eine kleine Stammkundschaft gebildet, die mein Angebot als hilfreich erachtet und mich als Fachfrau anerkennt. Was also will ich mehr?

Ich möchte, dass sich Bestehendes dupliziert. Die kreative Schreibgruppe zum Beispiel. Oder das Schreiben im biografischen Bereich. Weiter wünsche ich mir, dass aufgrund von Schreibsequenzen persönliche Beratungsgespräche in Anspruch genommen werden. Da mir scheint, das weibliche Kundenpotential in der Region sei ausgeschöpft, versuche ich mit der Trilogie «Das Schreiben der Männer» neues Klientel zu erreichen. Ich trachte danach, im breiteren Umfeld wahrgenommen zu werden. Wo also könnte ich mein Angebot zusätzlich zur Website und den Inseraten im Stadtblatt noch anpreisen? So gehen und gehen meine Gedanken und kommen nirgendwo an. Ich spüre, dass mein Geist vom vielen Denken umtriebig geworden ist.

Ein Zitat unterbricht mein Gedankenkarussell:

VERTRAUEN IST ETWAS ANDERES ALS HOFFEN. VERTRAUEN IST EINE WAHL. ES IST DIE KÜHNSTE WAHL, ZU DER DU FÄHIG BIST.                     Veit Lindau

Diese Behauptung lässt mich stutzig werden. Ich fühle mich irgendwie ertappt und habe den Eindruck, dass in meinem Unterbewusstsein sorgsam Verdecktes enthüllt wird. Noch kann ich den Unterschied zwischen Hoffen und Vertrauen nicht benennen und einordnen. Mein Verstand seziert die beiden Worte.  Im Hoffen schwingen Unsicherheit und Zweifel mit.  Untätigkeit und Erwartung sind miteingeschlossen. Der Blick ist in die Zukunft gerichtet und angespannt. Vertrauen liest sich wie Ruhe und Geborgenheit. Wie annehmen und leben im Hier und Jetzt.  Wenn ich das Wort vertrauen laut ausspreche, entspannt sich mein Körper. Der Atem geht ruhig. Die Gesichtszüge werden weich.

In füge den beiden Worten in meinen Überlegungen einen Trennungsstrich ein: H-offen. Ver-trauen. Dieses Aufspalten wird mir zum Wegweiser. Offen sein. Mich trauen. Mein Handeln nicht mit Programmpunkten und fixen Vorstellungen einschränken sondern neugierig werden, womit mich das Leben beschenken will. Denken und Organisieren ruhen lassen, den Blick auf freie Zeitfenster in der Agenda ohne Angst und Misstrauen aushalten. Mit dem Schiff über den See fahren und den Wind die Haare zerzausen lassen. Mich dem Schaukeln der Wellen hingeben und sorglos die Schönheit der Gegend geniessen. Diese Vorstellung lässt mich nervös werden. Die gedanklich skizzierte Freiheit tritt in Konkurrenz mit meinem Leistungszwang aus frühkindlicher Prägung. «So wird sich deine Erwartung, mit der Schreiberei auch finanziell erfolgreich zu sein, nicht erfüllen», flüstert mir eine leise Stimme zu.

Ich halte inne. Werde still. Und ich weiss, dies ist die Herausforderung, der ich mich im 2020 stellen möchte: Nach getaner Arbeit den Führungsstab dem Leben übergeben und mitgehen, wohin sein Lauf mich führt.

Es wird nicht einfach werden. Aber ich will es zulassen.

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