Ewigi Liebi

Meta Zweifel, 03.05.2021

Meta Zweifel
Meta Zweifel

Ob der Mai immer noch ein beliebter Monat für Hochzeitsfeiern ist? Oder gilt vielleicht ein anderer Monat als Termin- Hype? Der Zwang zu bestimmten Traditionen oder Ritualen ist längst vom Zeitgeist weggefegt worden.

Zur sogenannten «Traumhochzeit» gehört zwar immer noch ein weisses Brautkleid. Selbst dann, wenn das Paar schon seit Jahren im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, oder wenn gar schon der Nachwuchs als Blumenkind im Hochzeitszug mittrippelt und Blüten streut. Ganz und gar fern sind die Zeiten, da die Braut traditionell ein schwarzes, sittsam hoch geschlossenes Kleid trug. Dieses selbst geschneiderte oder von einer Schneiderin gefertigte Kleid diente danach während Jahren als Festgewand und je nachdem noch als letzte irdische Hülle am Ende des Lebens, bei der Aufbahrung.

Als Hochzeits-«Location» und als stimmungsvoller Hintergrund für die Hochzeitsfotos sind wohl immer noch Kirchen oder Kapellen beliebt, aber es wird auch auf der grünen Wiese, auf einem Schiff oder im Wald geheiratet. Für das Festmahl kann ein Edel-Restaurant in Aussicht genommen werden, es kann aber auch als Grillparty stattfinden – alles geht. Und vieles vergeht, verändert sich.

Was bedeutet Ehe?

Im Zusammenhang mit Fragen zu den Rechten und Pflichten von gleichgeschlechtlichen Paaren kam der Slogan «Ehe für alle» auf. Als der deutsche Kabarettist Urban Priol bei einem seiner Auftritte von «Elend für alle» kalauerte, klatschte das Publikum begeistert. Es muss ja nicht gleich «Elend» sein, aber zweifellos Ist der Versuch, aus einer Liebesgemeinschaft eine ebenso tragfähige wie für beide Beteiligten erträgliche Paargemeinschaft zu gestalten, eine nie endende und oft alles andere als leichte Aufgabe.

Bestimmte Wertevorstellungen und Verhaltensnormen wie etwa «Der Mann ist das Haupt der Familie» sind zum Glück abgeschafft worden. Was aber weithin fehlt ist ein Katalog von Verbindlichkeiten, die wohl keine umfassende Sicherheit, aber immerhin etwas Halt geben könnten. 

Jüngst fragte ein Journalist den Juristen Nicolas von Werdt, seines Zeichens Bundesrichter, was denn die Ehe heute noch zu bedeuten habe. Mit trockenen Worten, aber in wohltuender Eindeutigkeit antwortete Herr von Werdt: «Sie besteht aus der gegenseitigen Überzeugung, dass man das Leben miteinander verbringen und vielleicht gemeinsam Kinder haben will. Und dann muss man sich eben so verhalten, dass die ursprüngliche Absicht über lange Dauer bestehen bleibt.»

Diese Definition des Ehe-Begriffs eignet sich nicht für eine ergreifende Brautvater-Ansprache, die jedem Hochzeitsgast die Tränen in die Augen treibt, weil so viel und so anrührend schön von ewiger Liebe, unverbrüchlicher Treue und gegenseitiger Unterstützung und Förderung die Rede ist. Die Nüchternheit des bundesrichterlichen Kommentars kann aber zielführender sein als salbungsvolle und meist realitätsferne Wortblasen.

Im Interview macht Bundesrichter von Werdt mit einem einzigen knallharten Satz auf die aktuelle Realität aufmerksam: «Wer mit der Ehe eine Lebensversicherung will, liegt falsch.»

Zwei Kontinente

Wie hiess der Schriftsteller, der schrieb, die Welt sei nun fast durchwegs erforscht worden – aber noch immer unentdeckt seien die «Kontinente der eigenen Seele»? Der Mann hätte auch auf die weitgehend unerforschten und unerkannten Seelen-Kontinente eines Partners oder einer Partnerin hinweisen können.

Wer meint, die Ehe sei eine Lebensversicherung, liegt falsch. Und falsch liegt auch, wer meint, das geliebte Gegenüber sei lebenslang ein einfühlsamer Seelsorger, ein verständnisvoller Psychotherapeut, ein witziger und geistreicher Begleiter, ein allzeit gutgelaunter, in jeder Situation intuitiv richtig und absolut verlässlich reagierender Lebensmensch, kreativ in seinen Liebesbezeugungen, der Fels in allen Stürmen des Lebens und was der wünschbaren Eigenschaften mehr sind. 

In wenigen Augenblicken kann es geschehen, dass einem klar wird: «Diesen Kontinent in seiner/ihrer Seele war mir völlig unbekannt. Ich finde mich hier nicht zurecht.» Der Moment, der bewusst macht: «Da musst du ganz allein durch, da musst du selbst entscheiden und einen eigenen Weg finden» kann schmerzlich sein.

Wilhelm Busch hat in einem leichtfüssigen Gedicht eine Alltagssituation skizziert, die ein bisschen dieses unerwartete «Fremdeln» beim Verhalten eines geliebten Menschen zur Geltung bringt:

«Ich wusste, sie ist in der Küchen,
ich bin ihr leise nachgeschlichen.
Ich wollt ihr ew`ge Treue schwören
und fragen « Willst du mich erhören?»

Auf einmal stutzte ich.
Sie kramte zwischen dem Gewürze,
dann schneuzte sie und putzte sich
die Nase mit der Schürze.»

Nun ja, die Erkenntnis, dass zwei Kontinente eben doch sehr verschieden sein können, führt zuweilen zu mehr innerer Selbständigkeit und zu liebevollem Respekt vor Grenzen und Gegebenheiten.

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