Petra Lienhard, 30.06.2019
Kindergeschrei! Was um Himmelwillen
ist geschehen? Der Lärm kommt näher, es wird nicht mehr lange dauern und Mutter
Renate erfährt, was geschehen ist. Plötzlich ein Ton, wie ein dunkles «Dong»!
Vor Schreck lässt Renate alles aus den Händen fallen und rennt nach Draussen. Heftig schimpfend kommt ihr Patrik, der Freund ihrer Tochter
entgegen: “Melissa hat einen Stein genommen und damit ein parkiertes Auto
getroffen! Renate schaut sich sofort den Schaden an. Tatsächlich, eine
kleine Delle zeigt sich auf der Autotür! “Oh, nein! Nicht schon wieder ” denkt
Renate. Erst vor ein paar Tagen wurde das Kraftfahrzeug ihres Nachbarn
Reto, Opfer eines Wutanfalls ihrer Melissa. Mit einem Nagel in der Hand ritzte
sie die ganze Seite des Wagens entlang. Renate versteht nicht, was mit ihrem
Mädchen los ist. Natürlich hatte diese Aktion Folgen. Zwar stand die Haftpflichtversicherung
für den Schaden gerade, doch jetzt brauchte Melissa eine lehrreiche Strafe.
Die
persönliche Entschuldigung beim Nachbar kostete ihrer Tochter die grösste
Überwindung. “Da muss sie durch, ” entschieden Vater und Mutter.Reto erklärte: “Melissa, du wirst einsehen, dass wir eine
Wiedergutmachung von deiner Seite vereinbaren müssen. Vier mal wirst du mit mir
zusammen mein Auto waschen und von innen staubsaugen. Für die Zukunft erwarte
ich von dir, dass mein Fahrzeug für dich Tabu ist! ” Mit hängendem Kopf schlich
Melissa zurück ins Haus.
«Und heute schon wieder ein demoliertes Auto! Melissa, was hast du dir bloss dabei gedacht? Du schreibst jetzt auf einem Blatt Papier deinen Namen und unsere Adresse mit Telefonnummer. Dieses Blatt klemmen wir dann unter den Scheibenwischer. Wenn sich der Autobesitzer meldet werden wir wissen, was uns dein Steinwurf kostet. Das von dir gewünschte und vor kurzem erhaltene Fahrrad schliesse ich im Keller ein und hole es erst wieder heraus, wenn du mindestens einen ganzen Monat ohne Ausbrüche ausgekommen bist! Ausserdem gibt es ab jetzt eine Schadenskasse! Jeder neue Wutanfall kostet dich 5.- Franken. Dieser Betrag wird von deinem Taschengeld abgezogen und wandert in die dafür vorgesehene Kasse." Natürlich weiss Melissa, dass die Worte ihrer Mutter keine leeren Drohungen waren. Jetzt war der Punkt, wo die oberste Grenze erreicht war.
Der Besitzer des demolierten Autos meldete sich eine ganze
Woche nicht. Die Ungewissheit macht das Warten auch nicht gerade leichter. Endlich, das Telefon klingelt. Eine Frauenstimme meldet
sich. Sie sagt ihren Namen und erklärt, dass sie alleinerziehende Mutter ist.
Lachend meint sie: “Ach, das ist doch nicht so schlimm! Ich musste suchen, um
den Schaden an der Autotür zu finden. Das ist nicht die erste und wird auch
nicht die letzte Beule sein. Ich freue mich sich sehr darüber, dass ihre
Tochter wenigstens dafür geradesteht! ”
Renate fällt ein Stein vom Herzen. Damit hatte niemand gerechnet, am wenigsten Melissa!