Guten Tag liebe Leserin, lieber Leser

Béatrice Stoessel, 03.03.2020

Béatrice Stoessel
Béatrice Stoessel

Pardon, ich habe mich Ihnen gar nicht vorgestellt. Wer ist überhaupt diese Bloggerin? Um diese Peinlichkeit schnell vergessen zu lassen, tische ich Ihnen zwei Lebensläufe auf. Aber aufgepasst, ich schreibe einerseits die Wahrheit und flunkere andererseits fröhlich drauflos.  Liefere also in einem Bericht lauter Fake News. Letzteres ein Phänomen, welches durch sämtliche Medien geistert, besonders bei der Regenbogenpresse. Was unterscheidet die echte Mitteilung von der Falschmeldung? Erkennen Sie Fake News? Machen Sie sich lesend auf zur Wahrheitsfindung. Viel Spaß.

Lebensgeschichte Nummer 1

Ich wuchs in einer Künstlerfamilie auf. Der Vater war eigentlich Architekt, doch viel lieber malte er. Ein Bohemien, Charmeur und Liebling der Frauen, der dem Leben die schönen Seiten abgewann. Oft verschwand er für Wochen um einem kreativen Impuls zu folgen, wie er es nannte. Was dies genau bedeutete, war mir als Kind nicht klar. Er war einfach weg und ich vermisste seine warmherzige Art, seinen Witz, seine Geschichten, welche er für meinen Bruder und mich erfand und mit bunten Bildern illustrierte. Wir wurden von unseren Freundinnen und Kollegen beneidet, um die Kinderbücher die wir vorzuweisen hatten. Erst später wurde mir klar, dass diese Auszeiten, in denen mir mein Papa so sehr fehlte, gleichbedeutend waren mit Ehebruch.

Die Mutter, eine begnadete Pianistin, verzichtete auf die Karriere und verdiente mit dem Klavierunterricht den Lebensunterhalt für die Familie. Ihr Spiel war wunderschön. Mit der Zeit konnte ich ihre Stimmungen schon im Treppenhaus erahnen, wenn ich von der Schule kam. Spielte sie in Moll wusste ich, der Haussegen hängt schief. Oder anders gesagt: Papa hatte eine neue Flamme. Erklangen Wienerwalzer, war die Liebesnacht mit ihm erfüllend gewesen. Er war wieder an den heimischen Herd zurückgekehrt.

Mama war eine strenge Erzieherin. Regeln und gutes Benehmen waren ihr enorm wichtig. Wie nervten die ständigen Ermahnungen: Steh gerade. Führe die Gabel zum Mund und nicht umgekehrt. Sei höflich und grüsse die Nachbarn mit Respekt. Erst später erkannte ich den Wert dieser Vorschriften. Etwas „savoir vivre“ hat noch keinem geschadet! Auch sie besass viel Herz und war eine fürsorgliche Mutter. Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen hiess, angelehnt an ein Fernsehquiz: „Heiteres Komponistenraten“. Sie spielte eine Melodie und wir mussten herausfinden wer das Stück geschrieben hatte. So lernten wir ganz spielerisch Musikgeschichte. Meine Favoriten waren Ludwig van Beethoven und alle Ohrwürmer von Giuseppe Verdi. Papa nannte ihn frei übersetzt: „Seppli Grün“, was Mama immer in Rage brachte.

Mein Bruder entschied sich für ein Theologiestudium und war lange Zeit Priester in einer Berggemeinde. Dort betreute er nicht nur seine Schäfchen, sondern kraxelte mit Leidenschaft auf die Berggipfel. Je höher, desto lieber. „So bin ich dem Himmel näher“, witzelt er jeweils, wenn er wieder als halsbrecherischer Bezwinger eines Viertausenders und mit geschwellter Brust ins Pfarrhaus einlief. Noch heute hängt er den ganzen Sommer über in irgendeiner Felswand.

Ich hielt mich mit Gelegenheitsjobs über Wasser bis der Traummann ein Auge auf mich warf und mich mit prallem Bauch vor den Traualtar führte. Nach der Babypause holte ich die Handelsschule nach und arbeitete als Sekretärin, was mich nicht sonderlich beglückte. Zudem tanzten mein Auserwählter und ich je länger desto weniger im selben Takt. Stumm leiden, wie meine Mutter es tat, war nicht mein Ding. Lieber das Steuer meines Lebensschiffchens nochmal herumreissen. Nochmal die Schulbank drücken und Journalismus studieren. Seither blüht meine Fantasie und ich entlocke der Tastatur meines PCs Geschichten, bis die Finger fast bluten.

Nach der Pensionierung kitzelte mich das Künstlergen meines Vaters. Zum Schreiben gesellte sich das Aktzeichnen dazu. Bis heute porträtiere ich leidenschaftlich gerne Menschen. Und wissen Sie worauf ich ganz besonders stolz bin? Im Mai 2020 stelle ich im Rahmen einer Ausstellung  „60+ und jetzt erst recht“  meine Werke zum ersten Mal aus.

Lebensgeschichte Nummer 2

Unsere Kleinfamilie umfasste: Vater, Mutter, meine Schwester, mich selbst und Coco, der Pudel. Die Eltern betrieben ein Bürofachgeschäft. Papa war der Aussendienstler, verkaufte Schreib- und Rechenmaschinen mit Erfolg. Mama waltete als Innenministerin. Sie erledigte die gesamte Administration und Buchhaltung der kleinen Unternehmung. Es gehörte sogar eine Werkstatt mit einigen Mechanikern dazu, als zusätzliche Verstärkung des Betriebs. Ja, damals wurden Maschinen noch repariert! Meine Schulkameradinnen beneideten mich. Sie glaubten, dass ich die mathematischen Hausaufgaben mit Hilfe der Rechenmaschinen lösen durfte. Doch Mutters Argusaugen waren allgegenwärtig. Diese Kisten – Vieroperationsmaschinen genannt und mindestens fünf Kilo schwer - verstand ich trotzdem zu bedienen. Besonders angetan war ich von einer Monroe. Nein, nicht Marilyn Monroe, sondern einer Rechenmaschine mit demselben Namen.

Als die Berufswahl anstand hatte ich keine Ahnung was ich werden wollte. Handelsschule ist immer gut, entschied die Mama. Nach erfolgreichem Abschluss arbeitete ich im elterlichen Betrieb mit und lernte wie man trockene Buchungssätze wie: „Kassa an Maschinenverkauf“ in der Praxis handhabte. Rund zwanzig Jahre läpperten sich so zusammen. Das zunehmende Alter zwang meine Eltern, das Geschäft aufzugeben. So startete ich erst mit knapp vierzig Jahren meine Lehr- und Wanderjahre in fremden Betrieben. Dies, obwohl ich verheiratet und Mutter einer Tochter war. Hausmütterchen spielen wollte ich nie.

Mein erster Job in der Fremde spülte mich in ein Grossunternehmen. Sekretärin eines Vizedirektors! Mein Kamm schwoll an. Aber nach sechs Monaten wurde mein Chef vom Sessel befördert und ich damit. Traurig war ich keinesfalls, das verstaubte Büroallerlei zehrte ohnehin an meinen Nerven. Sogleich angelte ich mir eine Stelle in einer internationalen Unternehmensberatung als Buchhalterin und rutschte später in meine Berufung, in die Personalvermittlung. Bis zur Pensionierung blieb ich diesem Metier treu.

Doch was tut man danach? Die viele Freizeit, welche den Tag unendlich werden lässt, ganz im Gegensatz zu früher, wo jede Minute durchgetaktet war? Was ich mir seit der Pensionierung gönne, ist das Aufwachen ohne ratternden Wecker. Auch jetzt nach zehn Jahren dieser grenzenlosen Freiheit, geniesse ich dieses Privileg und vereinbare nur einen Termin auf die frühen Morgenstunden, wenn es absolut unumgänglich ist.

Mein Morgen gehört dem Schwimmen. Das Wasser ist, als im „Sternzeichen Fisch“ Geborene, mein Element. Und diese Leidenschaft wird im Sommer jeweils gekrönt mit der aktiven Teilnahme bei der Zürcher Seeüberquerung.

Und, für welche Geschichte entscheiden Sie sich? Ich bin gespannt auf Ihre Meinung. Wenn Sie möchten gerne unter stoessel@bestbook.ch

Herzlichen Dank und Auflösung garantiert.

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