Ich liebe meine Traumakurse

Brigitte Hieronimus, 18.08.2022

Brigitte Hieronimus
Brigitte Hieronimus

Brigitte Hieronimus gehört als Dozentin seit Jahren – wenn nicht gar Jahrzehnten – zum Frauenseminar Bodensee. Von Müdigkeit keine Spur, im Gegenteil, stets mit Leidenschaft und Engagement doziert sie charismatisch und therapiert und begleitet Menschen einfühlsam. Ihre Lehrgänge über Trauma-Erfahrungen und wie damit umgegangen wird, werden von den Teilnehmerinnen mit Bestnoten versehen.

Deshalb ist es wohl nicht verwunderlich, wenn sie ganz offen sagt:

„Ich liebe meine Traumakurse. Keine Spur von Ermüdung, sondern immer noch pure Freude, sobald ich die Klassenräume im FSB betrete und in die erwartungsvollen Gesichter der Teilnehmerinnen schaue. Einige kennen mich bereits aus anderen Seminaren, andere sind zum ersten Mal in meinem Trauma Seminar. Hier sitzen Frauen, die stark daran interessiert sind, sich selbst und ihrem Lebensmuster auf die Spur zu kommen. Einige wollen beruflich dazu tätig werden, andere erst mal für sich, das Thema angehen.“

Das Thema „Trauma“ blinkt ja inzwischen überall auf, das vor einiger Zeit noch eher wie ein Fremdwort anmutete. Dazu meint sie:

„Inzwischen ist der Begriff Trauma also kein Schreckgespenst mehr, sondern längst aus der Dunkelkammer entlassen. Es ist sogar festzustellen, dass die Deutung manchmal wie ein Modewort benutzt wird. Viele glauben, dass es Stress Situationen sind, die belastend oder unaushaltbar sind. Jedoch handelt es sich bei einer traumatischen Erfahrung um eine psychische Notfallsituation, in der sämtliche Ressourcen der Stressbewältigung versagen.

In den vielen Jahren meiner Tätigkeit ist es gelungen, die Thematik „Trauma“ „salonfähig“ zu machen. Ich habe den Begriff aus der Tabuzone herausgeholt und aufzeigt, dass es kaum einen Menschen gibt, der nicht in irgendeiner Form traumatische Erfahrungen gemacht hat. Mein Spezialgebiet ist die Psychotraumatologie, die sich unter anderem mit frühen Bindungserfahrungen beschäftigt.

Ich beginne gerne mit der Eingangsfrage: „Bin ich gewollt, geliebt und beschützt worden?“, was häufig Erstaunen oder Unbehagen hervorruft. Wie wir auf die Welt kommen, ist unsere Eintrittskarte ins Leben. Ist die Mutter selbst traumatisiert, z.B. durch Kriegserfahrungen oder durch eine nicht gewollte Schwangerschaft, kann es sein, dass sie sich kaum auf ihr Kind einlassen kann. Sie versorgt es auf der körperlichen Ebene, jedoch fehlen oftmals Einfühlungsvermögen und ein nährender körperlicher Kontakt, der Geborgenheit vermittelt. Ist die Bindungsbeziehung zur Mutter gestört, erleiden wir schon in unserem frühen Leben ein „persönliches“ Trauma der Liebe. Das birgt die Gefahr, auf symbiotischer Ebene bis ins hohe Alter mit der Mutter und deren eigenen ungestillten Bedürfnisse verstrickt zu bleiben, was unsere Fähigkeit zu autonomen Handeln stark einschränkt, wenn nicht gar verunmöglicht.

Um zu begreifen, was genau ein Trauma ist, müssen wir untersuchen wie ein Trauma überhaupt entsteht: Wenn wir z. B. eine Situation erleben, die wir als vollkommen unkontrollierbar erleben und äußerste Ohnmacht die Folge ist. Ebenso wird ein lebensbedrohliches Ereignis zum Trauma, wenn wir möglicherweise befürchten müssen, nicht zu überleben. Je jünger wir sind, desto schwerer wiegt das Trauma, da wir keine ausreichenden biologischen Stressantworten zur Verfügung haben. Ein Baby, das schreit, weil es Hunger hat und gleichzeitig alleine gelassen ist, kann weder kämpfen noch flüchten. Es werden Stresshormone ausgeschüttet, die das kleine Herz rasen lassen und eine ungeheure Energie zur Verfügung stellen, die nur dazu da sind, um anzugreifen oder abzuhauen. Ein Baby kann das alles nicht. Deshalb schaltet der Organismus auf Notfall um, weil es lebensgefährlich für Herz und Kreislauf ist, und weil man daran sterben könnte. Das psychosomatische System sorgt also für eine Art von Schutz, in dem eine sogenannte Schockstarre herbeigeführt wird. Wir sprechen daher von eine Traumafolge-Notfall-Reaktion. Ein Trauma bewirkt, dass sich die Psyche aufspaltet und daraus ein neues „Selbst“ hervorgeht, was wir „Überlebens-Ich“ nennen. Es ist äußerst wichtig zu wissen, dass ein traumatisiertes Selbst in der Zeit (als das Trauma entstand) erstarrt und dem Bewusstsein nicht mehr zugänglich ist. Das erklärt auch, warum es fast unmöglich ist, über Gespräche Zugang zu den damaligen Emotionen und Erfahrungen zu bekommen.

Im Extremfall führt es dazu, dass ein ganzes Bindungssystem auf psychischer Ebene traumatisiert wird. Während die Betroffenen versuchen eine liebevolle Verbindung herzustellen, die sie in der ursprünglichen Beziehung zur Mutter (und Vater) nicht herstellen konnten, entsteht schnell eine Dynamik unter Opfern und Tätern, die sich im Ringen um die Liebe und Anerkennung miteinander verstricken und mit ihren Überlebens-Ich-Strukturen gegenseitig in Machtspielen aufreiben. Was in der Familie beginnt, führt sich am Arbeitsplatz fort und zeigt sich in der Gesellschaft und einer ganzen Nation, wie wir erst kürzlich durch die ausgerufene Pandemie erlebt haben.

Einstimmiger Tenor am Ende der Seminare: Nicht nur in therapeutischen, beratenden, erziehenden, lehrenden und heilenden Berufen, sollte man sich mit Traumatisierungen auskennen, im Grunde müssten alle Menschen – allem voran werdende Eltern - darüber Bescheid wissen. Genau deshalb liebe ich meine Trauma Arbeit. Es ist ein kleiner Dienst an der Menschheit, die andere Menschen befähigt, gesunde Beziehungsmuster zu erlernen und ein Leben jenseits von Abspaltungen zu leben.“

Auch wir sind dieser Meinung. Deshalb bieten wir weiterhin diese Kurse mit Brigitte an.

Gefühlsblockaden erkennen und auflösen – Weiterbildung Trauma I

Traumabearbeitung in der Beratungspraxis - Weiterbildung Trauma II

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