Interview mit Barbara Josefine Renner

Silvia Trinkler, 24.11.2021

Silvia Trinkler
Silvia Trinkler

Ein Interview über dich gab es schon letztes Jahr im Online-Magazin. Damals weil du den ersten Preis in Prosa gewonnen hast. Bitte erzähl uns trotzdem nochmals etwas über dich und wie und wo du lebst?
Schon als kleines Mädchen habe ich mich gestalterisch ausprobiert. Ob mit Farbe und Pinsel oder mit dem, was ich an Materialien fand. Am liebsten wollte ich auf jedem Instrument spielen können, singen und tanzen. Als Theaterpädagogin und jetzt auch als Schreibpädagogin bin ich ganz in meinen Wunschberufen. „Etwas bis auf den Grund kennen heißt fähig sein, schöpferisch damit umzugehen.“ In diesem Zitat von Elliot Eisner, einem amerikanischen Professor für Bildung und Kunst, erkenne ich mich wieder. Ich muss immer alles genau erforschen. Aus beinahe jedem Impuls kann ich schöpfen. Und von Kindheit an ist mein Lieblingsthema die Kunst.

Aufgewachsen in einer Landeshauptstadt, hatte ich viele Menschen um mich herum. Ich brauche Getümmel und klassische Kulturangebote. Ich liebe große Museen. Das inspiriert mich und durch Inspiration fühle ich mich lebendig.

Wie ich im letzten Interview bereits schilderte, erfahre ich an meinem hiesigen Wohnort die Natur pur. Wer auf der Schwäbischen Alb mit dem Auto unterwegs ist, passiert die Kulisse von Dörfern, Wäldern, Felsen, Fluss und Bächen. In satten Farben, unterm Schnee oder Nebel verhangen. Für meine zweite Lebenshälfte wird mir dieser Ort jedoch zu ruhig. Ein Hauch Einsamkeit oder Melancholie liegt schon hier in der Luft. Alt werden will ich daher lieber in der Stadt, zurück zu den Wurzeln.

Was machst du heute beruflich? Du hast letztes Jahr Veränderungen angetönt. Konntest du sie umsetzen?
Letztes Jahr wurde ich diplomierte Biografie-Schreibpädagogin FSB. Dort entstand mein Konzept für „FLIEGENDE WÖRTER das Schreibforum für Frauen“. Im Forum biete ich Schreibkurse an. Aber ich betrachte es auch als Plattform für Kolleginnen, eine Methode auszuprobieren oder ein Konzept vorzustellen. Einmal jährlich ist ein kleines Symposium geplant.

Als Lehrende ergründe ich Themen erst für mich. Ich bin eine Forschernatur und liebe es, eigene Methoden zu entwerfen. Mein Schwerpunkt liegt auf kurzen literarischen Gattungen. Als Schreibende habe ich selbst erfahren, dass die Beschäftigung mit Lyrik keineswegs „zu hoch“ gehängt ist. Ich sehe die Arbeit mit Gedichtformen als Eintrittskarte in eine Welt des kunstvollen Umgangs mit Worten. Ob Elfchen, Haiku, Rondell, Sonett oder Alkäische Ode - sie sind erlernbar und führen uns auf unterschiedliche Weise auch zu uns selbst.

Gleichzeitig geht es mir um den Zugang zum intuitiven Schreiben, der meiner Ansicht nach nicht vom Himmel fällt. Auch das „automatische Schreiben“ will geöffnet und gepflegt werden. Dann ist die Basis gelegt für Wortschöpfungen, „Schreib-Flow“ und Erfahrungen mit der eigenen Kreativität.

Ich sehe mich auf dem Weg, das, was ich als schreibende Frau erlebe und beim Schreiben erfahre, weiter zu geben an Frauen, die in meinem Schreibforum dabei sein möchten.

Du scheinst nicht nur in einem Genre stark zu sein. Die Beweise für Prosa und Lyrik hast du uns geliefert. Was magst du am Meisten? Schreibst du regelmässig? Wenn ja wie muss ich mir das vorstellen? Diszipliniert? Welchen Stellenwert hat das Schreiben in deinem Leben?

Diszipliniert sein fällt mir persönlich eher schwer. Mittlerweile bin ich so weit, dass ich oft schreibe. Morgens fülle ich eine Seite mit dem, was spontan kommt. Die einzige Regel: jedem Impuls sofort folgend. Abends arbeite ich an einem aktuellen Text. Das ist für mich eine gute Mischung. Aber es gelingt nicht täglich.

Da ich in der heutigen von „Corona Maßnahmen“ geprägten Welt kaum zu meinen Hobbys komme (Gesang, Querflötenspiel, Tanz) ebenso wenig zu Projekten in meinem Theaterberuf, fällt es mir zum ersten Mal leicht, aus vielen Begabungen eine herauszusuchen, die ich ernsthaft in den Mittelpunkt stelle. Das Schreiben hat gewonnen!

Woher hast du die Ideen für deine Geschichten? Wer oder was inspiriert dich? Machst du regelmässig an Wettbewerben mit?
Inspirationen bekomme ich wie gesagt aus der Stadt mit ihren Menschen und aus der Kunst, die für mich mit der Natur verwoben ist.

Diese beiden Wettbewerbe, bis auf einen Literaturwettbewerb vor 23 Jahren, sind die einzigen, an denen ich teilgenommen habe. Bei allen dreien, dachte ich, das ausgeschriebene Thema läge mir nicht. Und das wandelte sich in eine Herausforderung, darüber zu schreiben. Bei „Gestrandet am Watt“ kam hinzu, dass ich entgegen meiner Gewohnheit aus einem erlebten Moment heraus zu beginnen, entstandene Bilder hin und her betrachtete, fast schon sezierend bedachte, welche Wörter ich einsetze. Aber das Geschriebene wurde erst zum Gedicht, als ich eine Geschichte aus dem Erlebten dazu fügte.

An was bist du aktuell am Schreiben? Hast du längerfristige Pläne?
Ich entwickle derzeit ein eigenes Schreibverfahren. Es entstehen Erzählungen, in denen die Natur durch die Anwendung meiner Sprache eine ganz eigene Rolle spielt. So gesehen habe ich von dem naturnahen Leben hier in künstlerischer Hinsicht profitiert.

Welche Tipps und Erfahrungen würdest du den interessierten Leserinnen gerne mitgeben?
Als ich anfing, meinen Schreibstil zu entdecken und weiterzuentwickeln, mit Öffentlichkeit zu rechnen, bekam ich gute Ratschläge aus Büchern. Nützlich war es für mich, regelmäßige Schreibzeiten einzuhalten, zu sondieren, wo, mit wem oder wann Schreibinspirationen kommen und einen guten Schreibplatz einzurichten (was mir von allem bisher am wenigsten gelungen ist).

Sehr wichtig ist mir der Austausch mit anderen Schreibenden, wenn sie die gleichen Ziele haben. Sich einander Themen setzen, entstandene Texte vorlesen, ein konstruktives Feedback zu erhalten, das bringt mich auch weiter. Bereichernd finde ich Lesungen oder gute Interviews mit professionell Schreibenden.

Welche Frage hätte ich dir noch stellen sollen? Und welche Antwort gibst du uns dazu?
Ich fand Deine Fragen inspirierend und umfassend und danke Dir dafür.

Das Interview führte Silvia Trinkler, Mitglied der Jury des Schreibwettbewerbes

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