Zora Debrunner, 27.05.2021
Seit
ich mich vertieft mit dem Liebesleben von Wildtieren befasse, erscheint
mir das menschliche Tun und die damit verbundene Ernsthaftigkeit
immer fragwürdiger.
Nehmen
wir beispielsweise die Rotfüchsinnen, Fähen genannt, die zu Beginn
der Ranzzeit Baue, die sie für ihre Welpen benötigen, besetzen. Wenn
mehrere Rüden, also die männlichen Tiere, anwesend sind, kann es
zu heftigen Auseinandersetzungen kommen. Und jetzt das
Erstaunlichste:
Die Fähe kann sich mit mehreren Rüden paaren und trotzdem
hilft ihr dann der Geschlechtspartner, indem er ihr und den Kleinen
das Futter zum Bau bringt. Das nenne ich mal eine unkomplizierte
Haltung!
Eine
menschliche Familie, die ihr Leben so leben würde, hätte bestimmt jede
Menge Moralapostel und schlimmstenfalls die KESB am Hals.
Faszinierend
finde ich auch das Liebesleben der Steinböcke. Auch wenn ich
mir ehrlich gesagt lange Zeit meines Lebens keine Gedanken darüber gemacht
habe, dass diese überhaupt eins haben könnten. Die Steinböcke
tragen ihre Kämpfe im Sommer untereinander aus, so dass die
Rangordnung unter den männlichen Tieren geklärt ist. Die Brunft im tiefsten
Winter verläuft dann eher ruhig. Die Steingeissen gebären erst mit
so drei bis fünf Jahren zum ersten Mal ein Kitz. Das bedeutet, dass diese
Tiere eine gewisse körperliche Reife benötigen, bis sie sich zum ersten
Mal fortpflanzen. Die Bindung von Geiss zu Kitz ist sehr eng. Ohne
Mutter wäre das Kitz verloren.
Ganz
anders verläuft die Paarung zwischen den Wildschweinen. Da kommen
die alten Keiler zur Rotte. Sie schäumen und verstreichen einen sexuallockstoffhaltigen
Schaum an Bäumen und auf weiblichen Tieren.
Dies
macht die Leitbache, also die Matriarchin, “rauschig”, sprich geil.
Und
weil so eine Rotte aus vielen weiblichen Tieren besteht, werden diese
nun auch dank des nun abgesonderten Lust-Duftstoffs der Leitbache
ebenfalls in Paarungsbereitschaft versetzt.
Man
stelle sich dieses Bild in einer menschlichen Familie vor! Skandal!
Nun
folgt als nächstes ein Kampf unter den Keilern und wer siegt, beschlägt
(vögelt) alle Bachen, verlässt danach die Rotte und kümmert sich
keinen Deut um die Aufzucht der Frischlinge. Machos!!
Dann
sind da noch die Krähen, die in ihrer Jugend in Schwärmen unterwegs
sind. Dort finden sie den Partner oder die Partnerin fürs Leben und
suchen dann ein eigenes Revier. Dieses verteidigen sie gemeinsam
bis zum Äusserten und sorgen so dafür, dass andere Schwärme
sich dort nicht niederlassen können. Sie leben monogam und wenn
einer von den beiden stirbt, drückt der überlebende Vogel seine Trauer
aus. Dies geht durch Mark und Bein.
Erleben
Krähen Liebe? Was denken sie über Partnerschaft? Und: Leben sie
wirklich monogam oder liegt da auch mal ein Seitensprung - oder treffender: ein Seitenflug drin?
Das Liebesleben von (Wild-)Tieren und jenes des Menschen zu ergründen ist schon ein schwieriges Unterfangen.
Wenn wir bei der niedrigsten Einheit der Tiere bleiben, begegnen uns schon diverse Arten. Der Mensch ist DIE eine Art der Gattung Homo, egal woher er stammt. Fliegen kann er leider immer noch nicht. Mensch =+bleibt eben Mensch. Seine Herkunft, seine Werte, sein Verhalten unterliegen jedoch oder gerade deshalb verschiedenen Einflüssen, die auch sein Sexualverhalten und Beschützerinstinkt beeinflussen. Vielleicht sollte sich Mensch ein paar Eigenschaften bei den Tieren abschauen. Mir fällt spontan die Sozialkompetenz der Elefanten ein, mit ausgeprägtem Familiensinn über das Leben hinaus.
Liebe Beate
Mir kommen da nicht nur die Elefanten in den Sinn, sondern auch die Dachse, die Murmeltiere, die Rabenvögel und die Hirsche. Jedes Lebewesen bringt Eigenschaften und Verhaltensweisen mit sich, die uns Menschen erstaunen und erfreuen.