Prinzessin auf der Erbse oder Gänsemagd

Julia Onken und Mathias Jung, 31.01.2020

Mathias Jung / Julia Onken

Julia Onken:
Prinzessin auf der Erbse oder Gänsemagd

Dein Aufschlag ist geglückt, lieber Mathias. Du eröffnest das Spiel, präzis, zielgenau aber fair. Ich antworte Dir mit einem Mondball. Diesen Ball schlagen wir Frauen hoch, damit der Gegner gezwungen wird, an der Grundlinie zu bleiben oder gar hinter der Grundlinie zu stehen.

Ich denke, das ist ein guter Auftakt für unseren Austausch über Männer und Frauen. Und sollte es zwischendurch eventuell dennoch zu einem Ass, einem Return oder einem Notschlag kommen – der meist nur von Männern angewandt wird – bin ich überzeugt, dass wir die Kurve für einen fairen Ballwechsel wiederfinden.


Wir haben ja eine lange Geschichte miteinander. Ich etwas länger mit Dir als Du mit mir. Ich kannte dich bereits, als Du noch keine Ahnung hattest, dass es mich gibt. Als ich mich in Frankreich von der Öffentlichkeit in meine Einsiedlerinnenklause zurückziehen wollte, bevölkerte ich meine virtuelle Welt mit den interessantesten Dichtern und Philosophen und – da warst Du eben auch mit von der Partie. Und zwar im vorderen Drittel. Ich bestellte mir alle Deine Vortragskassetten und abends warf ich das Kaminfeuer an, hockte mich davor und dachte stets: Welch ein Genuss Dir zuzuhören!

Und dann lernten wir uns kennen und sind unverzüglich Freunde geworden. Auch wenn wir uns nicht oft sehen, stehen wir in einem steten Dialog, bearbeiten oft die selben Themen, kurven um psychologische Problemstellungen herum,  versuchen in Beziehungsdesastern hilfreich zu intervenieren, gestrandeten Ehen wieder auf die Beine zu helfen, düsen in philosophischen und spirituellen Gefilden, werfen uns den einen oder anderen gedanklichen Leckerbissen zu, lesen gegenseitig unsere Bücher, treten zusammen an Kongressen auf, und ich gebe es gerne zu, ich bin einfach saumässig stolz, Dir so herzlich verbunden sein zu dürfen: Danke.

Du fragst: Was ist mit den Frauen nicht in Ordnung? Soviel vorweg, auch wenn ich meine Geschlechtsgenossinnen kritisch unter die Lupe nehme, ist meine Haltung mit der Deinen identisch: ich bin grundsätzlich liebend. Und ich bin gern eine Frau, na ja, mit gelegentlichen Ausnahmen, z.B. wenn es darum geht, sich vom Druck auf der Blase zu erleichtern, und nirgends eine Toilette in Sicht ist, dann beneide ich Euch. Ihr stellt Euch einfach an die nächste Ecke und das wars dann auch.

Bevor ich mich aber auf die Spurensuche weiblicher Fehlentwicklung begebe, möchte ich Deine Überlegungen zum Thema Mann noch ergänzen, ja, vielleicht sind meine Worte sogar einer Liebeserklärung nicht unähnlich oder schlicht formuliert: In einem kurzen Plädoyer für den Mann stelle ich meine Gedanken vor. Jawohl, Du staunst, und ich ebenfalls.

Alles, was Du über den Mann und sein Verhalten beschreibst, ist mir sehr wohl bekannt, habe schliesslich selbst darunter wie ein Hund gelitten, gehofft, dass der Eisberg schmilzt, gebangt, die Liebe komme mir unter der schroffen Art der Beziehungsführung allmählich nicht abhanden, geweint, als es dann soweit war, getrauert, als die Ehe in Brüche ging, vor Entsetzen erstarrt, als ich feststellte, in welcher Windeseile ich ersetzt wurde, als ob es mich nie gegeben hätte. Auch stimme ich – mit einigen Ausnahmen – den von Dir löblichen Anteilen zu, bei Deiner Beschreibung der „bockhaften Sinnlichkeit als Ausdruck phallischer Lebensfreude“ allerdings schluckte ich drei Mal leer, wohl als reflexartiger Versuch, Erinnerungsbilder einzudämmen. Nur soviel, mir sind die Böcke nicht mit guten Gefühlen im Gedächtnis hängen geblieben, eher denn als ein Erleben, versehentlich in eine Dreschmaschine hinein geraten zu sein.  Ich bin also diesbezüglich eine Fachfrau in Sachen seelischem Katastrophengebiet, durchgepflügt von männlichen Dinosauriern.

Und doch. Normalerweise machen hier weibliche Hirnzellen Halt, ziehen das Resümee einer derartigen Verwüstung und schalten auf den uns gut bekannten Opferstatus um, klick: Ihr die Bösen, wir die Armen, mit der obligaten Vorwurfshaltung, schau, was du angerichtet hast, du Dreckskerl, ich war so gut, so rein und wollte immer nur das Beste und du hast alles zerstört, du Gefühlsanalphabet, du Egoist, der sich nicht in andere einfühlen kann, du Jammerlappen, der mich einfach nicht glücklich machen will.

Die weibliche Sozialisation hat uns hirntechnisch darauf hin getrimmt, nicht weiter als bis zum Opferlamm zu denken. Das ist eine einfache Denkart, übersichtlich, klipp und klar. Inzwischen haben wir immerhin gelernt, dass Opfersein eine Falle ist.  Opfer bleiben immer abhängig von anderen. Das leuchtet ein. Soweit sind wir immerhin gekommen. Dennoch hat sich diese Erkenntnis noch nicht in den Zellen etabliert, wir fallen zu oft noch in die alte Rille zurück.

Wenn es aber gelingt, über den eigenen weiblichen Gartenzaun hinaus zu denken, unsere Denkblockaden zu überwinden, dann werden ganz andere Facetten des männlichen Wesens sichtbar, die sich ja auch in Redensarten manifestieren, die wir der besten Freundin zuflüstern: „Aber im Kern ist er ganz weich und sanft“.

Die Bedingungen für den Mann, sich wie ein menschliches Wesen zu entwickeln, d.h. eines das fühlt, mit sich und seinen Gefühlen im Kontakt steht, mit allem, was sich in seiner Seele regt, sind – um es freundlich auszudrücken – äusserst ungünstig. Wenn es irgendwo Drecksarbeiten zu verrichten gibt, schicken wir Männer hin. Wir lassen sie alles, was unangenehm, gefährlich, schockierend und beinahe unzumutbar ist, mit einer Selbstverständlichkeit verrichten, die nicht zu überbieten ist. Wenn es in einem Tunnel brennt, sind es Männer, die oft unter Lebensgefahr die verkohlten Leichen bergen! Wenn es Naturkatastrophen gibt, ist es klar, dass wir Männer dorthin schicken! Während wir uns sorgfältig eine Orange schälen und hinterher die klebrigen Finger an einer Papierserviette abwischen, nehmen wir die Bilder am TV gelassen hin, wie Männer zu ihrem Diensteinsatz in kriegerische Gebiete ins Flugzeug einsteigen, um dort ihre „Arbeit“ zu verrichten. Wir wundern uns, wenn wir hören, dass US-Veteranen Jahre nach ihrem Einsatz in Vietnam an erheblichen psychischen Störungen leiden, die sie bis zum Ende ihres Lebens derart beeinträchtigen, dass sie niemals mehr ein normales Leben führen können. Zweifellos sind wir erschüttert, wenn wir hören, dass ein russisches U-Boot gesunken ist und 143 Männer qualvoll darin umgekommen sind. Aber wir nehmen das alles selbstverständlich hin, dass es sich immer um Männer handelt, streichen vielleicht eine Locke aus der Stirn, ziehen den Lippenstift aus der Tasche, um allfällige Korrekturen anzubringen, blättern in einer Modezeitschrift, denken darüber nach, ob wir das Shirt mit dem eckigen oder ovalen Ausschnitt wählen, kreisen ernsthaft um die weltbewegende Problematik, in welchem Modell der Busen besser präsentiert werde, springen auf die Waage, ach Schreck, wieder ein paar Grämmchen mehr, das muss weg, das ist eine Katastrophe. Wir beschweren uns permanent über die Männer, aber im gleichen Atemzug fragen wir einen, ob er uns den zermantschen Vogel von der Autoscheibe herunterkratze. Wir klagen der Freundin, dass der Partner einfach ein unsensibler Holzklotz sei, wecken ihn dann aber nachts selbstverständlich, Schatz, da unten ist ein Geräusch, schaust du mal nach. Klar, schaut er nach. Er ist schliesslich der Mann fürs Grobe, aber hinterher möchte ich ihn dann filigran, subtil, einfühlsam und zärtlich haben. Ja, das ist unsere Welt. Ich schäme mich.

Ein Mann, der unbewusst aufnimmt, was von ihm als Mann erwartet wird, muss doch seine Gefühle abstellen! Wie soll er denn damit klarkommen? Kürzlich sah ich in einer TV-Dokumentation über einen Flugzeugabsturz einen Helfer, der mit versteinerter Miene erzählte, er habe den ganzen Tag nichts anderes gemacht, als Leichenteile in Säcke abgefüllt. Ich kann mir vorstellen, dass seine Partnerin, wenn sie ihn  abends mit einem selbst gebackenen Apfelkuchen im gemütlichen Ambiente erwartungsfroh bedient und vergeblich darauf wartet, dass der Mann Gefühle zeigt, dass er sich freut über den netten Empfang, ach, Schatz, wie schön wir es doch haben, schau ich war beim Friseur, wie gefällt mir meine Haarfarbe. Denn eigentlich müsste er doch einfach vor Entsetzen los schreien! Und ich weiss nicht, ob wir Frauen schon in der Lage sind, mit den Männerschreien, Männerängsten und der blanken männlichen Verzweiflung umzugehen. Ob wir bereit wären, einen Mann tröstend im Arm zu halten, wenn er versucht, Erlebtes zu verarbeiten, ihm beizustehen, wenn ihm die Todes- oder Verstümmelungsangst im Nacken sitzt, nicht mehr von einem Einsatz mit heiler Haut zurück zu kehren. Ich denke, das ist noch ein langer Weg dahin, bis wir Frauen erwachsen sind, Menschen geworden sind, die der Aufforderung, menschlich zu handeln, gewachsen sind.

Denn in uns nistet noch immer das kleine Mädchen, die Prinzessin Lillifee, im pinkfarbenen Paillettenkleid mit güldenem Krönchen obendrauf, fordernd, dass ihr alle Wünsche erfüllt werden mögen. Und die Prinzessin hat einen allgütigen Vater, den König, der für sie sorgt, sie beschützt und ihr jeden Wunsch vom Munde abliest. Und wenn die Prinzessin gross ist, wird er ihr einen wunderschönen Prinzen besorgen, der sie und nur sie liebt, und in einer Prachtshochzeit vor den Altar führt.   

Vielen von uns gelingt es, diese Illusion wenigstens bis zur Hochzeit in weiss und lang mit Schleier noch einigermassen aufrecht zu erhalten. Hinterher ist dann aber rasch Schluss. Wir landen jäh hinter dem Herd. Wer reinigt das Klo? Wer putzt den Fussboden? Bringst du den Müllsack runter? Haben wir kein Geld für Urlaub? Das ist die Realität. Die Sehnsucht indessen bleibt. Und wenn wir nicht verbittern, hoffen und träumen wir einfach weiter fort. Wir pendeln zwischen narzisstischer Überhöhung, zicken und tussen herum, als ob wir den Verstand total verloren hätten oder wir sacken in das Elendsviertel der Selbstentwertung, vergessen, wer wir sind, was wir können, opfern unsere Würde auf dem Altar weiblicher Opferlämmer. Amen. 

François Villon (1431), mein persönlicher Favorit in Sachen tiefgründiger Frivolitäten, hat die weibliche Tragödie in der Sommerballade von der armen Louise treffend zusammengefasst:

Louise stand am Herd den langen Tag
Und ihr Gesicht war schon ganz schwarz vom Rauch
Und wenn sie nachts auf ihrem Strohsack lag
Da war sie müd’ und ausgehungert auch.
Sie war nur armer Leute Waisenkind
Und wollte lieber sein ein Baum im Sommerwind.

Und als ein Herr sie stehen sah am Herd,
so schwarz vom Rauch verwandelt das Gesicht,
war sie ihm trotzdem die Dukaten wert
für eine Nacht. Sie aber mochte nicht,
sie war nur armer Leute Waisenkind
Und wollte lieber sein ein Baum im Sommerwind.

Da sagte ihr der Herr: Dass sie ihm bald
Sein Weib möchte’ sein und ganz in Seide gehen,
auch habe er ein schönes Schloss im Wald,
dort würde sie nie wieder von ihm gehen.
Sie war nur armer Leute Waisenkind
Und blühte wie ein Baum im Sommerwind.

Und jetzt verstand sie auch,
warum nicht Brot allein
satt machen kann den Bauch,
es muss auch Liebe sein.
Sie war nur armer Leute Waisenkind
Und wollte, dass er bliebe, dieser Sommerwind.

Der Sommerwind ging hin mit Kriegsgeschrei
Und färbte in der Nacht den Himmel rot,
Und in der Schlacht war auch ihr Mann dabei,
sie wusste nicht wohin mit ihrer Not.
Sie war nur armer Leute Waisenkind
Und wollte wieder sein ein Baum im Sommerwind.

Im Feld lag mancher Reiter schon verweht
Wie Blätter vom vergangenen Jahr.
In ihrem Herzen drin war kein Gebet,
nur wie der Schnee so weiss war jetzt ihr Haar.
Sie war nur armer Leute Waisenkind
Und hatte nur den einen Gott, den Sommerwind.

Und als ihr Leib so welk war wie ein Baum
Im Herbst, da ging sie in den Fluss
Und machte mit dem alten Sommertraum
Und ihrer grauen Armut endlich Schluss.
Sie war nur armer Leute Waisenkind
Und wollte nie mehr sein ein Baum im Sommerwind.

Führt man sich diese Ambivalenz, dieses unverständliche und zum Teil völlig unrealistische Verhalten vor Augen, könnte man ja der Idee verfallen, Frauen seien schlichtweg nicht ganz dicht im Kopf. Blicken wir jedoch in unserer Geschichte etwas zurück, dann sind derartige Einschätzungen durchaus an der Tagesordnung gewesen. Frauen hatten selbst für ihr eigenes Leben keine Verfügungsgewalt. Zuerst verfügte der Vater, dann der Ehemann, kam dieser abhanden, übernahm ein männlicher Verwandter die Oberaufsicht. Schauen wir in die Gegenwart, so sind noch immer Schmauchspuren derartigen Denkens zu erkennen. Frauenwitze, als Höhepunkt Blondinenwitze, bedienen sich schliesslich der Annahme, Frauen seien nun einfach etwas zu blöd geraten. Und es gibt tatsächlich ernst zu nehmende Hinweise, da es schwierig wird, dies zu widerlegen, ja, das sage ich ungern.

Trotzdem. Ich bin mit einer derartigen Einschätzung ganz und gar nicht einverstanden. Ich gehe nämlich davon aus, dass Menschen intelligente Möglichkeiten in sich tragen, sich entsprechend zu verhalten und ihr Leben zu gestalten. Frauen sind Menschen, also muss auch in ihnen alles angelegt sein. Und wenn es ihnen nicht so richtig gelingen mag, alle ihre Fähigkeiten anzuzapfen, dann lohnt es sich auch hier, die Frage zu stellen, weshalb es denn so verdammt schwer ist.

Wenn wir die Linie der weiblichen Entwicklungsgeschichte verfolgen, fällt auf, dass wir einer systematischen Entwertung unserer Fähigkeiten unterlagen. Die Inflation von Weiblichkeit auf der einen Seite, Überhöhung von Männlichkeit auf der anderen Seite. Für Männer und Frauen mit katastrophalen Folgen.

Im Anfang war die Frau. Matriarchale Gesellschaften als ursprüngliches System gelten als gesichert. Eigentlich sonnenklar. Zu allen Zeiten kreisten die Menschen stets um das grösste Rätsel, woher stammt das Leben, weshalb müssen wir sterben. Und da ist es doch eigentlich sehr verständlich, wenn diejenige Menschengruppe, die in der Lage ist, neues Leben aus sich heraus zu erzeugen, eine Vormachtsstellung besitzen musste. Zudem lag in den Frühkulturen das Wissen um den Zeugungsakt noch im Dunklen, d.h., das männliche Wesen hatte hierbei keine Funktion, war also für den Fortbestand der Menschheit aus damaliger Sicht völlig überflüssig.

Stellen wir uns doch vor: Es gibt Bäume, die Früchte tragen und solche, die nur Äste haben! Da ist es doch eigentlich ganz selbstverständlich, den Bäumen besonders Sorge zu tragen, die uns mit ihren Früchten nähren. In allen Frühkulturen wurden die Frauen geachtet und verehrt. Die Verehrung des Weiblichen wird durch Bildnisse von Gottheiten in Menschengestalt dokumentiert, die den weiblichen Schoss als Quelle und Ursprung allen Lebens zur Darstellung bringen. Es war also völlig normal, dass sich die Menschen als oberste Macht Göttinnen vorstellten, Muttergottheiten, die als universale Gottheiten sämtliche Lebensbereiche wie Liebe, Jugend, Alter, Leben, Tod und Wiedergeburt verkörperten.

Und dieses Wissen tragen wir noch als verblasste Erinnerung in uns! Wenn wir uns äusserlich kosmetisch und modisch hochrüsten, und, das will ich gerne zugeben, oft bis an die Grenzen der Karikatur, dann drückt hier die Anspruchshaltung einer vertriebenen Gottheit durch die Kostümierung und Maske. Wir gebärden uns wie alberne Königinnen, die sich mit erbärmlichen Verführungsspielchen etwas Aufmerksamkeit erhoffen. Lernt man weibliche Peinlichkeiten als Ausdruck eines degradierten und verstossenen Engels zu verstehen, dann ist es nicht mehr möglich, sich darüber lustig zu machen oder sich entwertend zu äussern, sondern steht eigentlich eher wie vor einem Wunder, dass sich diese Ur-Erinnerungen nicht aus unseren Genen auswaschen lassen.

Hinter dieser Kulisse wird auch die Gegenseite der Prinzessin, die Gänsemagd, verständlich. Es sind zwei Rollenmodelle, die zusammengehören. Die Gänsemagd symbolisiert den verstossenen weiblichen Aspekt in uns. Ich weiss, auch dieser ist zuweilen peinlich, nervend und oft kaum erträglich. Wenn Frauen in ihrem Elend baden und die ganze Welt dafür verantwortlich machen, wenn sich das Leben nicht so ereignet, wie sie sich das wünschen, sich ständig als Opfer fühlen, jedem misstrauen, jeden verdächtigen, jedem schlechte Absichten unterschieben, dann ist es kaum auszuhalten. Und auch ihr völliges Desinteresse an politischen Zusammenhängen geht auf dieses Konto. Keine Stellung beziehen, kein leidenschaftlicher Einsatz für Kinderkrippen, aber sich hintenherum darüber beklagen, dass es zuwenig gibt. Selbst keine Entscheide fällen müssen, aber hinterher dem Mann Vorwürfe machen, dass er einen gefällt hat, klar, den falschen! 

Alles in allem: Ich bitte für meine Geschlechtsgenossinnen trotzdem um Verständnis. Frauen sind grossartige, warmherzige, kluge und tiefsinnige Wesen. Und wenn es nicht bei jeder Frau zum Tragen kommt, so nicht deshalb, weil sie es nicht zur Verfügung hat, sondern weil sich so viel Müll und Schutt über dem Eigentlichen abgelagert hat, dass sie den Kontakt zu sich völlig verloren hat. Oft bin ich dabei, wenn Frauen beginnen, die Schutthalde abzutragen und ich bin Zeugin des blanken Entsetzens, was da an zerstörerischen Einlagerungen zu finden ist und vor allem, wenn allmählich das wahre Wesen ans Licht kommt. Ach, es gleicht oft einer Geburt, grossartig und erschütternd zugleich.

So gesehen ist eigentlich jede Frau, die im Tussi-Modell durch die Welt stöckelt, ein Ausdruck dafür, dass sie irgendwie eine verblasste Ahnung ihrer königlichen Würde in sich trägt und versucht zu retten, was zu retten ist.

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Jung legt nach: "Liebe Julia: für Sentimentalitäten habe ich keine Zeit!“

Mathias Jung / Julia Onken

Die Beziehung zwischen Frau und Mann gleicht einem Tennisspiel. Wenn die Liebe gross ist, steht beiden Spielern ein grossräumiges Spielfeld zur Verfügung. Verliebte folgen beglückt dem reizvollen Austausch, dabei bilden erprobte Regeln den Rahmen für das aufregende Spiel von Angriff und List, Nähe und Distanz, Niederlage und Sieg. Nach einer schweisstreibenden Partie zwischen den Spielern steht die Freude über das schöne Match, die Anerkennung und Versöhnung im Händedruck über das Netz. Die Verheissung auf Revanche stiftet ein Gleichgewicht zwischen den ebenbürtigen Spielern.

Mit der Zeit verändert sich das. Der Alltag mit seinen vielen Aufgaben aller Art sorgt dafür, dass die Bälle einander nicht mehr so freundlich zugespielt werden und das Spiel unerwartet in einem verbissenen Match landet. Die Strategie ist auf beiden Seiten immer die gleiche: Jeder Angriff wird mit einer Revanche quittiert. Das führt dazu, dass die Schläge immer aggressiver zurückgespielt werden, das Spielfeld einem Schlachtfeld gleichsieht und irgendwann die Protagonisten ermattet in einem Gefühlsmassaker landen.

Die meisten Kränkungen, die sich Männer und Frauen gegenseitig in Beziehungen zufügen, erfolgen deshalb, weil sie viel zu wenig über einander und über ihre Denkmodelle wissen. Die Emanzipation hat zudem dazu beigetragen, dass sich noch mehr Verunsicherung breit macht und die Geschlechter sich nicht mehr verstehen. Die weibliche Art zu denken ist eine ganz andere, als die männliche. Daraus resultiert auch ein unterschiedliches Weltbild. Wenn es Paaren gelingt, in die Denkwelt der anderen Person Einblick zu erhalten, eröffnen sich völlig neue Perspektiven, die Verhalten, Reaktionen und Handlungen verständlich machen.

Zwei, die es wissen müssen. In ihrem gemeinsamen Buch "Liebes-Pingpong – Das Beziehungsspiel von Mann und Frau" sprechen sie über alles, worüber andere schweigen.

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