Komplizierte Formulierungen wie „vom Seienden im Sein“

Dr. Eckart Ruschmann, 28.01.2019

Dr. Eckart Ruschmann
Dr. Eckart Ruschmann

Frage:  Heisst denn philosophieren, möglichst viele gescheite und komplizierte Bücher zu lesen, um hinterher komplizierte Formulierungen wie „vom Seienden im Sein“ oder so ähnlich zu formulieren, die niemand versteht? Und wozu soll das gut sein? (Lisa)


Liebe Lisa,

für mich bedeutet „philosophieren“ so etwas wie „intensiv nachdenken über Fragen, die mich sehr beschäftigen“ – und das sind vor allem solche Fragen, die eigentlich jeden Menschen angehen. Ich führe gerade Gespräche mit einem jungen Mann (gerade mal 19 Jahre jung), der ganz intensiv der Frage nachgeht, wer er denn eigentlich ist. Die Suche nach „Erkenntnis“ ist ein wichtiges philosophisches Ziel – und dazu gehört auch und sogar in erster Linie die Selbsterkenntnis. Damit sind wir alle – mehr oder weniger bewusst – ein ganzes Leben lang beschäftigt. Komplizierte Formulierungen zu finden ist gar nicht so schwer, und dabei hilft es tatsächlich, „gescheite Bücher“ zu lesen. Doch die tiefen Antworten sind meist recht einfach, und gerade deshalb so schwer zu finden.

Deine Formulierung „vom Seienden im Sein“ hat mich übrigens angesprochen. Es ist eine – philosophisch gesehen – etwas ungewöhnliche Formulierung. Wenn ich mich bemühe, sie zu verstehen, kommt in der Tat etwas Philosophisches heraus. Darf ich einmal versuchen, diese Formulierung zu interpretieren? Das habe ich in der Tat im Philosophie-Studium gelernt.

Ich gehe einmal aus vom Unterschied von Sein und Seienden. Was du darunter verstehst, weiß ich natürlich nicht, aber für mich ist „das Seiende“ alles, was wir im Universum (und darüber hinaus) so vorfinden, und dazu gehören natürlich auch wir selbst und die Dinge, die uns umgeben. „Das Sein“ bedeutet für mich eine tiefere Ebene, so etwas wie „Urgrund“, und wenn ich diesen Begriff als Antwort auf die Frage nach dem „Woher“ verstehe, dann ist es ebenso der „Ursprung“.

Aber was könnte es dann bedeuten, „vom Seienden im Sein“ zu sprechen? Vielleicht, dass wir seiende Wesen und überhaupt alles Seiende quasi „aufgehoben“ sind IM SEIN?

Wenn du so etwas gemeint haben solltest, dann würde ich das als eine tiefe philosophische Formulierung bezeichnen. Herzlich willkommen im Club!

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