Matthias Wiemeyer - Schreibe wie du sprichst

Matthias Wiemeyer , 26.02.2021

Matthias Wiemeyer
Matthias Wiemeyer

Mein Thema sind eigentlich Texte. Das wissen Sie. Aber heute habe ich ein anderes Anliegen: Gespräche. Viele klagen ja über Einsamkeit und Isolation in Zeiten von Corona. Aber spüren Sie dem mal nach: Der Mangel, der am schwersten wiegt, ist der Mangel an guten Gesprächen.

Hier kommt ein Gegenmittel. Ich hoffe, Sie können etwas damit anfangen. Und zu meiner Rechtfertigung kommt mir sogar die wichtigste Stilempfehlung von Wolf Schneider zu Hilfe: Schreibe wir du sprichst, nur sorgfältiger.

So steht mein Engagement für das Gespräch am Ende doch noch im Dienst der guten Texte.

Themenwechsel: Wir retten das Gespräch

Wir alle sind Naturtalente für Konversation. Aber kennen Sie das? Seit einem Dreivierteljahr driften viele Gespräche zu Corona. Zu viele.

Warum können wir nicht von dem Thema lassen, dessen wir längst überdrüssig sind?

Dazu habe ich eine Theorie: Wir lieben es, uns zu unterhalten. Aber durch Corona gehen uns die Themen aus. Wir sind nicht mehr im Ausgang, wir treffen wenige Leute, wir fahren nicht in die Ferien, wir arbeiten im Home-Office. Wir erleben weniger als sonst und was wir erleben, steht unter dem Eindruck von Corona.

Wenig Abwechslung und umzingelt von Corona – so entsteht das Themen-Einerlei; erst im Kopf und dann in den Gesprächen.

Mein Vorschlag: Wechseln Sie das Thema. Es gibt unendlich viel, über das Sie sich angeregt, humorvoll, tiefgründig oder kurzweilig unterhalten können. Sie haben das nur aus den Augen verloren.

Fragen Sie Ihren nächsten Gesprächspartner, ob er sich nicht auch lieber über etwas anderes unterhalten würde und stellen Sie ihm eine Frage, die in eine andere Richtung weist.

Hier sind ein paar Vorschläge. Manche sind verspielt und oberflächlich. Andere führen Sie an Ihre innersten Quellen. Wählen Sie weise und wählen Sie so, wie es für Sie und Ihren Gesprächspartner passend ist:

· Wenn du dir für heute Nacht einen Traum aussuchen könntest, wovon würdest du gerne träumen?

· Du machst eine Reise und musst mit einem unbekannten Menschen das Zimmer teilen. Der Veranstalter versucht die Zimmer so zu besetzen, dass die Zimmergenossen möglichst gut miteinander auskommen. Dafür bittet er jeden Reisenden, sich durch drei Wörter zu beschreiben. Welche drei Wörter nennst du ihm?

· Für welche Sache bist du heute dankbar?

· Was glaubst du: Hast du den glücklichsten Tag in deinem Leben schon erlebt oder kommt er noch?

· Wenn du dir an irgendeinem Ort der Welt dein Traumhaus bauen könntest, wo wäre das und wie sähe es aus?

· Über was ärgerst du dich immer wieder und wie kann es sein, dass andere Menschen sich über derartige Probleme nicht so ärgern wie du?

· Wenn du der unbeschränkte Herrscher über dein Land wärest, was würdest du tun, um das Leben für die Bürger deines Landes zu verbessern?

· Welche Fähigkeiten hättest du in der Schule gerne gelernt, um im Leben besser zurecht zu kommen?

· Wärest du lieber ein riesiges Kaninchen oder ein winziger Elefant?

· Wenn du einen Wurm essen müsstest, wie würdest du ihn zubereiten, damit es dir nicht so zuwider ist?

· Welchen Rat würdest du heute deinem jüngeren Ich geben?

· Was hoffst du, was die Leute denken, wenn sie an dich denken?

· Was wird aus der tiefsten Sehnsucht seines Herzens, wenn du ihr keine Beachtung schenkst?

· Was ist das Wichtigste, was ich über dich wissen sollte?

Ihr Gesprächspartner darf natürlich eine neue Frage verlangen, wenn ihm die erste nicht gefällt. Oder Sie drucken die Fragen aus, zum Aussuchen. Es geht auch nicht darum, recht zu haben, etwas zu wissen oder eng am Thema zu bleiben. Ihr Gespräch soll ein inspirierender Spaziergang in offenem Gelände sein, bei dem Sie mit Freude entdecken, was gerade wichtig ist.

Viel Vergnügen

Ihr

Matthias Wiemeyer

P.S. Wir haben noch viel mehr von diesen Fragen. Möchten Sie sie alle haben oder können Sie selbst noch welche beitragen? Dann schreiben Sie mir an matthias.wiemeyer@schreibszene.ch

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