Petra Lienhard, 03.03.2020
Immer mehr Frauen und Männer werden heute über einhundert Jahre alt. Mein zweiundsiebzigster Geburtstag ist bereits in Sichtweite. Der grössere Teil meines Lebens ist demnach vergangen. Ich habe zwei Söhne geboren, ein Haus gebaut und mehrere Bäume gepflanzt. Es erscheint mir deshalb ratsam, mich nun mit der Gestaltung des verbleibenden kürzeren Teils zu beschäftigen. Es wäre doch schade, wenn ich nicht versuchen würde, wenigstens noch ein paar meiner Träume zu verwirklichen.
Warum also nicht, ab jetzt, mein Leben mit einem Hund
teilen? Nicht irgendeinen Hund, sondern einen, der für eine Frau meines Alters
geeignet ist. Er müsste klein sein und zwischen 3-4kg wiegen. Einem grossen
Hund bin ich körperlich nicht mehr gewachsen. Ist dazu Familienverträglichkeit
vorhanden, wäre das von Vorteil. Meine kleineren und grösseren Enkelinnen und
Enkel, die ab und zu vorbeischauen, wären begeistert. Auch würde ich es
schätzen, wenn bei Allergikern in der Gegenwart des Hundes keine grosse Panik
ausbricht. Das I-Tüpfelchen wäre, dass sich die Wohnung nicht jeden Tag in ein
Paradies für Hundehaar-Bälle verwandelt. Übers Internet bei Herrn Google mache
ich mich schlau und werde fündig. Es gibt tatsächlich Hunderassen die meinen
Wünschen entsprechen. Da bieten sich Malteser, Bolonka, Chihuahua, Pudel
an und noch eine ganze Menge mehr. Eine so grosse Auswahl hatte ich
nicht erwartet. Es fällt mir nicht leicht, mich an Hand der Fotos für einen zu
entscheiden. Doch beim Klicken auf das Bild mit dem Bolonka, hüpfte
dieser kleine Geselle ohne Vorwarnung in mein Herz. Die Farbe des Fells ist
nicht der Auslöser, nein, sein putziges Gesicht lässt mich nur so
dahinschmelzen. Genau dieses Charme versprühende, lustige Hündchen könnte
meiner immer wiederkehrenden Einsamkeit entgegenwirken. Bei jedem Wetter für
wenigsten eine halbe Stunde die Natur live erleben! Fremde Menschen
kennenlernen. Beim Gassi gehen mit meinem kleinen Hündchen wird es möglich sein
mit einigen Leuten zwanglos ins Gespräch zu kommen. Vielleicht treffe ich sogar
eine neue Liebe? Die Anwesenheit eines Hundes könnte mir auch neue
Interessensgemeinschaften erschliessen. Alles ist möglich! Ohne einen Hund
verkrieche ich mich nur wieder in meine eigenen vier Wände. Ausreden zu finden,
nicht nach draussen zu gehen, vor allem bei schlechtem Wetter, da bin ich
einsame Spitze.
In der Fantasie scheint alles einfach. Doch gegenüber meinem neuen kleinen Freund, dem Hund, hätte ich auch Verpflichtungen. Ich bin seine neue Familie, wer springt ein bei einem Notfall, zum Beispiel, wenn ich ins Spital müsste? Wer sorgt während dieser Zeit für ihn? Habe ich Menschen in meinem Umfeld, die mich unterstützen? Das ist ein wichtiger Punkt. Aber ich weiss, ich werde die richtigen Entscheidungen einleiten und auch treffen, da bin ich mir sicher.
Also sage ich mir, trau dich, erlebe ein neues Abenteuer!