Petra Lienhard | Ich lasse mich nicht unterkriegen

Petra Lienhard, 26.03.2020

Petra Lienhard
Petra Lienhard

Februar 2020. Endlich bekomme ich für meine Kniegelenkoperation einen Termin. Seit Dezember warte ich sehnlichst darauf. Nur mit Schmerzen laufen zu können ist übel. Zu warten auf ein freies OP-Datum ist nervenaufreibend, es entwickelt sich gar zum berühmten i-Tüpfelchen. Am heiss ersehnten Tag begebe ich mich frohen Mutes in das brandneue Kantonsspital Frauenfeld. Kaum das Krankenzimmer bezogen, geht alles sehr rasch. Die OP verläuft exakt wie aus dem Bilderbuch. Nach fünf Tagen bin ich bereit für die REHA.

Dort angekommen, erfahre ich via Fernsehen von den ersten Corona Virus Erkrankungen in China. Ungläubig verfolge ich die sich ständig steigernden Berichterstattungen. „Bevorstehende eventuelle Pandemie des Virus auch in Europa zu erwarten!” Das hat es noch nie gegeben…

Der Virus erreicht die Schweiz! Die Beschränkungen für die gesamte Bevölkerung beginnen zuerst in einem kleinen Rahmen. Doch je mehr Zeit verstreicht beschliesst der Bundesrat schlussendlich sogar die Mobilmachung! Diese Massnahme gab es zuletzt zur Zeit des zweiten Weltkrieges. Dabei fällt mir ein: „Meine Güte, was bin ich doch für ein Glückspilz! Eine Woche später und ich hätte mir meinen OP Termin in die Haare schmieren können. Dem Himmel sei’s gedankt, getrommelt und gepfiffen!”

Nur unterschwellig wahrzunehmen, ändern sich auch die Verhaltensmassnahmen innerhalb der Klinik. Gesundheitlich bin ich wieder ziemlich fit. Dieser Umstand bewegt mich den REHA Aufenthalt zu verkürzen. Am Tag des Austritts erweist sich meine Entscheidung als richtig. Ab dem darauffolgenden Tag soll jeder Patient seine Mahlzeiten nur auf dem Zimmer einnehmen. Ich dachte: „Und wieder meint es der Himmel gut mit mir!”

Ich komme zu dem Schluss, in jeder Krise steckt auch eine Chance. Diese empfohlenen drastischen, vom Bundesrat eingeleiteten Massnahmen, haben auch etwas Gutes. Es kehrt zwangsläufig Ruhe ein. Ich falle auf mich selbst zurück. Meine Denkweise beginnt sich zu verändern. Was ist mir wirklich wichtig? Mir fällt der Turmbau zu Babel ein. Um den Menschen begreiflich zu machen, wie winzig klein sie innerhalb des Universums wirklich sind, beendet Gott ihre Selbstüberschätzung sehr weise.

Theologen werten das Turmbau-Vorhaben als Versuch der Menschheit, Gott gleichzukommen. Wegen dieser Selbstüberhebung bringt Gott den Turmbau unblutig zum Stillstand, indem er eine Sprachverwirrung hervorruft, welche wegen unüberwindbarer Verständigungsschwierigkeiten zur Aufgabe des Projektes zwingt und die daran Bauenden aus dem gleichen Grunde über die ganze Erde zerstreut (Gen, 11,7,8 EU).

Schon seit längerer Zeit hatte ich das Gefühl, die ganze Welt verhält sich wie ein zu stark aufgeblasener Luftballon. Irgendwann musste es ein Riesenknall geben. Die Chance, mein restliches Leben mit nicht käuflichen Dingen zu bereichern, werde ich aus tiefster Überzeugung nutzen. Die Einschränkungen für jeden Einzelnen bei dieser Krise sind massiv.


Der Frühling 2020

Spazieren gehen

Musik hören

Ein gutes Buch lesen

Fröhliches Singen

Von Herzen lachen

sowie unsere Hoffnung für eine wunderbare Zukunft.

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