Eveline Keller, 26.02.2021
Eveline Keller
Webseite: https://www.eveline.keller.wlkl.ch/index.php/Main/Eveline
Kontaktadresse: eveline.meier2@bluewin.ch
Liebe Eveline, hast Du
schon immer geschrieben?
Gar
nicht. Obwohl man mich eher als introvertierten Menschen bezeichnen würde, wurde
mir das Schreiben nicht in die Wiege gelegt. Relativ spät, in der Oberstufe, kam
ich durch meine Freundin Rosle dazu. Sie hatte die Marotte während der
Schulstunden ihre Gedanken zu Papier zu bringen, teils weil sie sich
langweilte, teils um sich mit dem Stoff kritisch auseinander zusetzen. Und das beeindruckte
mich. Ich eiferte ihr nach und begann Tagebuch zu schreiben. Seither hat mich diese
Art der schriftlichen Aufarbeitung begleitet. Ob Liebeskummer, «Lämpen» mit dem
Chef oder quo vadis Geburtenregelung, alles fand seinen Weg ins Tagebuch.
Du hast bereits drei
Bücher veröffentlicht. Wann ist bei Dir der Wunsch entstanden, als Autorin
Geschichten zu schreiben?
Den
Geistesblitz ein Buch zu schreiben hatte ich, als ich nach einem Umzug eines
meiner frühen Tagebücher in die Hände bekam und darin stöberte. Und als ich darauf
einen einfach gestrickten Krimi fertig las, dachte ich: «Das kann ich besser!»
Doch das war, wie sich später herausstellen sollte, einfacher gesagt als getan.
Und bis mein erster Krimi ATEMZUG veröffentlicht werden konnte, vergingen
noch viele Jahre.
In welchem Genre schreibst
Du?
«Was
ist deine Message? Was willst du den Lesern mitteilen?» fragte mich einmal ein
Schriftstellerfreund. Spontan antwortete ich «Etwas Wichtiges!» Nur WAS fiel
mir nicht ein.
Mir fehlt schlicht das Gen, um anderen zu predigen. Mit meinen Geschichten will ich die LeserInnen in erster Linie unterhalten. Nichts weiter. Ich habe dazu die Gattung Kriminalroman gewählt, sie ist mir liebgewonnenes Tummelfeld. Abgesehen davon, dass ich Krimis, nebst dem Westernromanen, auch selbst am liebsten lese.
Erzähle uns etwas über
Dich, wie lebst Du?
Seit
Beginn letzten Jahres habe die berufliche Tätigkeit auf wenige Teilzeiteinsätze
reduziert. Ich wollte mir so mehr Freiraum schaffen, um meinen neuesten Kriminalroman
MONTE zu lancieren. Durch die Corona-Pandemie gerieten auch meine
Pläne durcheinander und ich konnte mein Vorhaben nur teilweise realisieren.
Mit meinem Mann bewohnen ich, zusammen mit Miezekatze Milli, ein Reihenhaus, die Söhne sind bereits ausgeflogen. Katze Milli geniesst es, dass wir neu ungewohnt oft zu Hause sind, um zu schmusen und ihr jederzeit etwas Futter zu reichen. Sie ist von redseliger Natur, wenn angesprochen, antwortet sie mit miau in verschiedenen Tonlagen, von enttäuscht bis begeistert. So kann man mit ihr richtige Gespräche führen. Aber nur, wenn keiner zuhört, sonst denken die noch, wir sind völlig plemplem. Oder fragen Sie manchmal auch ihr Haustier, was es Neues von der Mäuse-Front gibt?
Wenn ich dein neuestes
Buch «Monte» anschaue, so ist das der Spagat zwischen Kindesmissbrauch und
einem unterhaltsamen Krimi gekonnt umgesetzt. Was hat Dich zu dieser Geschichte
inspiriert?
Ein
Widerspruch und die Faszination etwas zu wagen. Das kam so: Nachdem ich das zweite
Buch herausgegeben hatte, fragte mich eine Freundin, worüber ich als nächstes
schreiben würde. Ich war noch auf der Suche und hatte mich noch nicht
entschieden. Eben hatte ich das Organisierte Verbrechen bearbeitet, Kidnapping war
auch schon. Gespannt verfolgte ich die Diskussionen um die Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde KESB. Damals war sie kurz davor, die Aufgaben der
Gemeindebehörden zu übernehmen und daraus entstand eine breite Debatte über deren
Sinn und Unsinn. Im speziellen fragte ich mich: Was geschieht bei Kindsmissbrauch?
Was macht das mit den Opfern? Wie verhalten sich die Täter? Was für Monster sind
das?
Die
Freundin riet mir vom Thema Kindsmissbrauch strikt ab. Das überraschte mich, da
ich sie für ihre weltoffene Art sehr schätzte. Sie erklärte mir, sie habe erlebt,
wie eine Schriftstellerkollegin, die davon geschrieben hatte von allen Seiten angefeindet
und gemobbt wurde. Viele Menschen hätten offenbar Schlimmes erfahren und es in ihrem
Innersten tief vergraben. Kommt etwas hierüber an die Öffentlichkeit, spült es die
eigenen Erlebnisse wieder an die Oberfläche hoch.
Ich war perplex! Und natürlich faszinierte mich der Stoff nun erst recht, und so nahm in meinem Kopf ein neuer Plot Gestalt an. Ich recherchierte dazu im Internet, bestellte mir Bücher und las von den grausligen Fällen von Dutroux, Ferrari und René O. sowie über den Fall Maddie. Das war harte Kost. Um der Schwere der Thematik ein Gegengewicht zu geben, umrahmte ich die Story mit einem vordergründig idyllischen Dorfleben.
Hast Du zum Schreiben
Ausbildungen gemacht?
Zuerst
begann ich mit einem Kurs der Migros-Klubschule, dort merkte ich, dass ich doch
noch nicht die geborene Schriftstellerin war, als die ich mich gern gesehen
hätte. Mein ganzer Stolz, in Form des ersten Manuskriptes, war zu chaotisch und
musste ernsthaft überarbeitet werden. Ich war am Boden zerstört.
Es half nichts, ich rappelte mich auf, richtete das Krönchen, und wollte es besser machen. Ich buchte einen Kurs bei Milena Moser in Aarau. Bei ihr lernte ich mein Buchprojekt weiter zu entwickeln. Endlich war es soweit, und ich verlegte das erste Buch ATEMZUG.
Jetzt wollte ich mehr wissen und stiess auf das FSB. Begeistert buchte ich einen Schreibkurs bei Julia Onken in Romanshorn. Von ihrem Fachwissen, ihrem riesigen Erfahrungsschatz und ihrem Wohlwollen gegenüber Jung-SchriftstellerInnen konnte ich sehr viel profitieren. Ich wäre heute nicht da, wo ich bin, ohne die Unterstützung von Julia, und dafür bin ich ihr ewig dankbar.
Auch nicht zu unterschätzen und sehr wertvoll zum Schreiben lernen, kann der Austausch unter den Schreibenden selbst sein. Man gibt sich gegenseitig Tipps, teilt die eigenen Erfahrungen und bringt einander so stetig weiter.
Hast Du das Buch selber
verlegt, oder über einen Verlag?
Alle
meine Bücher wurden vom tredition Verlag herausgegeben. Das ist ein
Verlag, der mit Selbstkostenzuschuss funktioniert. Man kann da ein Buch günstig
produzieren lassen, das anschliessend überall im Buchhandel und in den
Online-Portalen Amazon, Orell, Füssli u.v.m. bestellt werden kann. Es ist eine
gute Möglichkeit, das veröffentlichte Buch an die Leserin, bzw. an den Leser zu
bringen.
Ein Wermutstropfen ist, dass man bei den Selbstkostenverlagen wie tredition die Vermarktung selbst an die Hand nehmen muss. Und das ist gar nicht meine Sache. Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt, beziehungsweise in der vordersten Reihe. Bescheidenheit ist zwar nett, aber keine gute Voraussetzung, um Bücher zu verkaufen.
Als mein erstes Buch ATEMZUG herauskam und der Tages-Anzeiger darüber eine Rezension brachte, war ich vor Stolz über Nacht mindestens zwei Zentimeter gewachsen. Das war eine der schönsten Bestätigungen, die man erhalten kann.
Mein nächstes Projekt ZUERCHER ACHSE hatte ich bereits begonnen und auch dieser Krimi wurde im Tages-Anzeiger rezensiert. Ergänzend hielt ich Lesungen und klapperte die Buchläden in Zürich ab, um meine Bücher in den Verkauf zu bringen.
Erzähle doch ganz kurz,
um was geht es in deinen Büchern?
In
MONTE verschwinden fast unbeachtet von der Gesellschaft zwei
Mädchen aus dem beschaulichen Dorf Berwil. Wäre da nicht ihr Grossvater Furrer.
Zwar hält man ihn für durchgeknallt, aber Janet Perlitz, ein engagiertes
Mitglied der Sozialbehörde, begibt sich auf die Suche nach den Kindern und wird
deshalb von ihren Kollegen und Kolleginnen angefeindet.
In DIE ZUERCHER ACHSE sieht sich Kommissarin Amber mit ihrer Vergangenheit als verdeckte Ermittlerin konfrontiert und einem Netz von Lügen und Verrat. Was das alles mit dem toten Piraten aus Afrika auf einer Baustelle in Zürich zu tun haben soll, gibt ihr Rätsel auf. Doch Amber liebte Herausforderungen. Da hatte bestimmt dieser aalglatte Dr. Joe seine Hand im Spiel, oder war es vielleicht eher David, der Bauführer besagter Baustelle und Vater ihrer Tochter?
Im ATEMZUG wird Liz erst von ihrem Ex-Mann erpresst, dann einer Gangsterbande und wird von einer Orchideen-Sekte verfolgt. Sie alle sind überzeugt, dass Liz weiss wo die sagenhafte Diamantenbeute des letzten Einbruchs ihres Ex versteckt ist. Liz kämpft mit allem was sie kann, um ihre beiden Jungs frei zu kriegen, auch über ihren letzten Atemzug hinaus.
Wie und wann schreibst
Du, regelmässig? Zu bestimmten Zeiten?
Ich
schreibe morgens bis in den späten Nachmittag. Ich bin an Bürozeiten gewohnt
und habe das Gefühl, am Morgen ist mein Kopf noch frisch und klar. Abends
schreibe ich nur, wenn eine Arbeit unbedingt fertiggestellt werden muss.
Hast Du schon neue
Buchideen? Verrätst Du uns etwas dazu?
Momentan
bin ich in einer Konsolidierungsphase, und wäge ab, ob ich mich wirklich auf Fortsetzungsromane
einlassen soll, da es offenbar das Ding der Zukunft wäre. Ich selbst bin leider
keine Serien-Liebhaberin. Also mähandere ich noch etwas über diesen Punkt.
Und jetzt, wo du mich fragst, kommt mir gerade eine Idee. Mals sehen…, ob daraus etwas wird.
Liebe Eveline, herzlichen Dank für das Gespräch. Und wenn ich schon dein Ideenlieferant bin, dann darf ich doch bitte darüber berichten, wenn Du soweit bist! Ich bin jetzt schon neugierig.
Das Interview führte Verena Lüthi, Redaktorin
Zu den Büchern beachten Sie bitte das Inserat