Aufbruch

Gaby Kratzer, 13.09.2018

Schon wieder klingelt der Wecker. Es ist 5.51 Uhr. Richtig ist es eigentlich erst 5.42 Uhr, doch ich lasse den Wecker früher klingeln, damit ich ihn mindestens 2x abstellen kann. So stehe ich dann um 6.00 Uhr wirklich auf. Meistens jedenfalls. Manchmal stelle ich ihn auch mehrmals ab und versuche mich spätestens um viertel nach oder sicher um halb sieben aus dem Bett zu schälen.

Jeden Morgen das Gleiche. Aufstehen, Duschen, Haare trocknen und dann die grosse Entscheidung: Was ziehe ich heute an? Ein kurzer Blick nach draussen und ......! Der Blick macht es nicht einfacher. Ich weiss gerade mal, ob es regnet oder nicht. Warum besitze ich auch so viele Klamotten? Ich ziehe sowieso vieles nicht mehr an. «Jede Frau hat halt so ihre Lieblingsteile». Ich liebe mein Elfchen. Ich sollte wirklich endlich ausmisten. Die Kleine in meinem Kopf findet: «Aber die sind doch noch gut. Haben keine Löcher. Und alles ist so schön farbig.» Doch natürlich gibt es Shirts mit kleinen, vielleicht auch nur für mich sichtbaren, Löchern. Immer über der Gurtschnalle gibt es diese kleinen fiesen nichtsnutzigen Minilöcher. Und farbig. Klar. Was bist denn du für eine Komikerin? Da gibt es Weiss, Schwarz, Grau, Blau und gerade mal etwas Beiges. Wieder mein Elfchen ganz unschuldig: «Wie wäre es denn heute mit einem dieser neuen Röckchen, die du extra für den Sommer gekauft hast?» Ich kann den Gedanken nicht zu Ende denken kommt von links hinten der grüne Troll und brummelt gereizt: «Vielleicht wäre Einheitskleidung besser?» Will ich aussehen wie jede? Ich ärgere mich. Bin doch nicht in der Schule. Bin ja ein eigenständiger Mensch, der sich vielleicht auch mit Kleidung etwas absetzen will. «Das ich nicht lache», gluckst mein Mini-Troll unverschämt. «Du siehst aus wie jede andere Bürotante.» Was ich mir alles anhören muss und das früh am Morgen. Geht den Troll doch wahrlich nichts an. Soll selber schauen, dass sein Lendenschurz richtig sitzt.

Endlich habe ich ein passendes Ensemble gefunden geht es weiter. Mit Hundi raus und schauen, dass er seine Geschäfte erledigt. Meine halbe Stunde in Ruhe. Troll und Elfe lasse ich daheim und geniesse die aufgehende Sonne. Ich geniesse es auch, wenn es regnet. Einfach 30 Minuten eine Runde drehen und

den, also meinen, Gedanken nachhängen. Wem sollte ich endlich mal schreiben oder einfach mal ein Lebenszeichen von mir geben? Oft vergesse ich es doch wieder, weil tausend andere Gedankenfetzen herumschwirren, was ich heute noch zu erledigen habe oder zumindest hätte. Meist kommt es sowieso anders als man denkt. Zurück im Haus geht es dann zum Frühstück. Zwei Marmeladebrote, eine halbe Banane, 5 Mandeln, ein Glas warmes Wasser mit Honig, einen Kaffee. Kann auch mal ein Müesli sein. Da sind dann bereits alle gesunden Sachen drin und ich kann gestärkt den alltäglichen Wahnsinn erledigen.

Schon lange arbeite ich im selben Betrieb. Es gefällt mir noch immer sehr. Ich kann kreativ arbeiten und habe viele Freiheiten. Die Arbeit geht nie aus. Was will ich mehr?

Ja es stimmt. Ich will mehr. Viel mehr. Jetzt will ich alles. Ich habe meine Traumstelle in einer Ausschreibung gesehen. Eine Arbeit, bei der ich all meine Fähigkeiten einsetzen könnte. Alles was ich die letzten Jahre gelernt habe. Alles was ich kann und worin ich gut bin. Ich will nach den Sternen greifen und mir vorstellen, dass ich, genau ich eine reelle Chance habe meinen Traum zu verwirklichen. Innerlich tanze und juchze ich vor Freude. Nur schon, weil ich die Bewerbung abgeschickt habe. Mich nicht auf den trockenen Tüchern hinlege und schaue, was da noch so kommen mag. Mein Elfchen und mein Troll wirbeln um die Wette und machen einen riesen Tumult. Sie: «Du kriegst die Stelle, du schaffst das.» Troll: Bleib am Boden Kleine. Wieso sollen sie gerade dich wollen? Da gibt es viele Bewerber, die genauso gut und toll sind oder noch toller.» Elfchen etwas verunsichert: «Du bist toller als.....ähm als...also du kriegst die Stelle sicher.» Liebstes Elfelein, dieses Mal muss ich dem frechen Troll recht geben. Bleiben wir doch alle mal schön am Boden und sehen uns die Sterne mal von hier aus an. Runterholen können wir sie dann noch immer.

Zum Glück habe ich keine Probleme abends meinen Schlafanzug auszusuchen. Das gleiche Theater wie am Morgen wäre ja kaum auszuhalten.
Er sollte einfach zur Bettwäsche passen. Sie hat farbige Sterne drauf!

Autorinnen

Batliner Benita

Batliner Benita

Büchel Neuhold, Elisabeth

Büchel Neuhold Elisabeth

Dressler Birgit

Dressler Birgit

Hengartner Monika

Hengartner Monika

Keller Eveline

Keller Eveline

Klassen Anna

Klassen Anna

Gaby Kratzer

Kratzer Gaby

Petra Lienhard

Lienhard Petra

Lüthi Verena

Lüthi Verena

Marti-Neuenschwander Monika

Marti-Neuenschwander Monika

Julia Onken

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Beatrice Stössel

Beatrice Stössel

Silvia Trinkler

Trinkler Silvia

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