Verena Lüthi, 22.02.2018
Vor mir liegt das Hochzeitsbild meiner Grosseltern, aufgenommen vor ziemlich genau hundert Jahren. Die Braut, achtzehn Jahre alt, trug einen Schleier aus Tüll mit einem Kranz im Haar. Im Schoss ein Blumengebinde, welches vermutlich den Babybauch kaschieren sollte. Das Kleid? Dunkel. Besass sie kein Geld für ein weisses Brautkleid? Ich meine eher, sie hatte den Anspruch auf weiße Reinheit verwirkt und musste im Grunde genommen froh sein, dass mein wesentlich älterer Grossvater sie überhaupt noch heiratete, nachdem er sie geschwängert hatte. Vermutlich war sie ihm zu diesem Zeitpunkt dankbar dafür. Der Preis jedoch war hoch, kaum erblickte ein Kind das Licht der Welt, wurde sie schon wieder mit dem nächsten schwanger. So gebar sie schließlich zehn Kinder, die sie aufziehen musste. Für die beginnende Frauenbewegung blieb neben ihrer grossen Familie. bestimmt weder Zeit noch Interesse.
Und doch, sie wäre nicht meine Grossmutter, wenn sie nicht über den Tellerrand geschaut hätte, was in der Welt so vor sich ging. Sie hörte Radio, las Zeitung, die Zeit dazu musste sie sich förmlich stehlen, denn sie versorgte die Familie zu Hause alleine. Ich bin mir sicher, dass sie die Frauen die für die Frauenrechte eintraten, bewunderte, vielleicht sogar etwas beneidete. Sie selber konnte nicht mitmachen, sie war gefangen im damals üblichen Frauenschicksal. Es war Ende der Sechzigerjahre kurz vor ihrem Tod. Ich war jung, verliebt und schwärmte von meinem ersten Freund. Großmama fasste meine Hände: „Alles schön, alles gut, aber mache dich nie von einem Mann abhängig. Gehe immer deinen eigenen Weg und lasse nie zu, dass Du in eine Situation kommst, wo du nicht mehr ausbrechen kannst.“ Ich höre heute noch ihre Stimme, spüre ihren Händedruck, diese Worte werde ich nie vergessen, auch, weil ich damit mehr über sie erfuhr, als in all den vielen Geschichten die sie mir oft aus ihrem Leben erzählte.
Fakt ist, dass wir die Stellung, die wir heute haben, Frauen verdanken, die in den vergangenen hundert Jahren für die Frauenrechte kämpften, sich beschimpfen, bespucken und im besten Fall belächeln liessen. Aber auch Frauen wie meine Großmutter. Obwohl es für sie selber unmöglich war, aktiv für die Frauenrechte zu kämpfen, erzog sie ihre Töchter in diesem Sinne. Meine Mutter und meine Tanten engagierten sich als junge Frauen aktiv am Arbeiterinnenstreik gegen schlecht bezahlte Frauenarbeit. Der größte Streik der Schweiz nach dem Krieg, er dauerte über einen Monat und endete für die Arbeiterinnen erfolgreich.
Ohne diesen steten Kampf durch Generationen von Frauen wären die Freiheiten, die wir heute so selbstverständlich ausleben, niemals möglich gewesen. Ihr Ahnfrauen, ich will, dass der 8. März weiterhin Euer Tag bleibt um DANKE zu sagen und uns auch zu erinnern: Es gibt noch viel zu tun, jetzt sind wir an der Reihe.
Schönes Pladoyer für die Beibehaltung des Frauentages. Danke
Du schreibst deine Zeilen in einem ein wenig voreingenommenen Blättchen im Bezug auf Frauenangelegenheiten. Liebe Grüsse an Julia ;-) Auf jeden Fall hast du doch eine persönliche Geschichte die dich dazu bewegt den Frauentag zu pflegen. Schön dass die Dankbarkeit deiner Ahninnen gilt. Ich bin gespannt auf deine Intervention.
Meine Meinung zum Frauentag. Es braucht ihn nicht. Weil er wie alle Tage die so genannt werden nur leere Floskeln sind. Lebe ihn und es wird auch kein Bedürfnis mehr vorhanden sein ihn extra hervorzuheben. Wenn es jedoch darum geht ein Gedenktag für unsere Ahninnen daraus zu machen bin ich dabei. Dann feiern wir am 8. März zum gedenken an all unsere Vorfahrinnen die da waren und ohne die wir jetzt nicht wären egal wie emanzipiert sie waren oder sein konnten. Halten wir sie in ehren in dem wir uns vorstellen sie als Rückhalt hinter uns zu wissen, so dass es stark macht, um alle tiefempfundnenen Ungerechtigkeiten zu tragen. So werden wir reif und weise um den Kampf endlich beenden zu können.
Der Frauentag 8. März soll & muss bleiben, sonst können wir den 1. August auch abschaffen und alle anderen Gedenktage. Wir feiern unseren Gebutstag ja auch jedes Jahr. Ändern wird sich daran auch nichts, ausser dass du jedes Jahr älter bist, na und??? Nein, es geht um mehr, viel mehr. Jedes Jahr ist ein Jahr mehr wo mich meine Füsse dur hs Leben tragen. Ein Jahr mehr, wo ich Lebensrefahrungen machen darf. Jedes Jahr ist ein Geschenk.
Jeder 8. März soll uns daran erinnern, was wir Frauen schon geleistet und an Erfahrungen gemacht haben als Frau. Jeder 8. März soll uns zeigen od. in Erinnerung rufen was Frauen vor uns alles geleistet haben. Jeder 8. März soll uns die Frage erneut wecken, " was kann ich noch tun?" Jeder 8. März soll uns erinnern, das wir Frauen aufstehen sollen. Jeder 8. März soll uns daran erinnern mit meines Gleichen Wertschätzend und Respektvoll umzugehen, denn da haben wir Frauen noch ein grosses Potential. Jeder 8. März soll uns an die Solidarität mit andern Frauen erinnern. Ja Frauen, steht auf auch für den 8.März der Tag der Frauen. Nicht wegen Kampf, nein. Für die Frauen Solidarität! Für das Bewusstsein dazu!
Euch allen eine gute Zeit